- Die Zürcher Staatsanwaltschaft will die Entlassung des bekanntesten Häftlings der Schweiz nicht akzeptieren.
- Brian soll wegen eines neuen Verfahrens von der Sicherheitshaft direkt in Untersuchungshaft versetzt werden.
- Die Anwälte des 27-Jährigen zeigten sich an einer Medienkonferenz erschüttert über die jüngste Entwicklung im Falle ihres Mandanten und sprachen von einem «inakzeptablen Vorgehen».
Die Zürcher Staatsanwaltschaft teilte mit, dass sie nicht gegen die am Dienstag bekannt gewordene Verfügung des Obergerichts zu Brians Entlassung aus der Sicherheitshaft vorgehe. Stattdessen beantragt sie Untersuchungshaft wegen eines hängigen Verfahrens, in welchem Brian 33 Delikte zur Last gelegt werden, die er zwischen November 2018 und Juni 2022 begangen haben soll.
Es gehe dabei um einen Fall von versuchter schwerer Körperverletzung, mehrfache Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte, mehrfache Sachbeschädigung, mehrfache Drohung und einfache Körperverletzung. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft besteht Wiederholungsgefahr.
Anwälte enttäuscht
Die Anwälte des 27-Jährigen zeigten sich an einer kurzfristig einberufenen Medienkonferenz erschüttert über die jüngste Entwicklung im Falle ihres Mandanten. Das Vorgehen der Staatsanwaltschaft vereitle die für Montag geplante Entlassung Brians aus dem Gefängnis.
Laut Brians Anwälten betreffen die Vorfälle ausschliesslich die Zeit, in der er in Einzelhaft sass. «Brian wehrte sich gegen diese unzulässige Form der Isolationshaft, er befand sich in einer Notstandssituation», sagte Rechtsanwalt Thomas Häusermann. Sowohl der UNO-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer, als auch die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter kritisierten die Haftbedingungen von Brian zu dieser Zeit. «Brian hat sich aufgelehnt gegen diese unmenschlichen Haftbedingungen. Und dafür soll er nun in Untersuchungshaft», sagte Häusermann.
Der Betroffene selber habe gefasst, aber enttäuscht auf die Nachricht reagiert. Brian habe am Telefon gesagt, dass er sicher sei, dass das Recht eines Tages auf seiner Seite sein werde.
Dessen Anwälte wollen Rechtsmittel gegen die erneute Untersuchungshaft ergreifen, beurteilen die Aussichten auf Erfolg aber als bescheiden. Die Anwälte kritisierten zudem, dass eine von ihnen eingereichte Strafanzeige wegen Amtsmissbrauch und Folter im Zusammenhang mit Brians Haftbedingungen von den Behörden auf die lange Bank geschoben würden. Seit über einem Jahr sei in der Sache praktisch nichts passiert.
Der wohl berühmteste Häftling der Schweiz
Brian hat einen langen Weg durch zahlreiche Institutionen hinter sich: Als Jugendlicher sticht er mit dem Messer zu, es folgen Jugendstrafen, Psychiatrie, Massnahmen. Immer wieder landet er hinter Gittern, wegen Körperverletzungen, aber auch präventiv in ungerechtfertigter Haft.
2013 erscheint der damals 17-Jährige unter dem Namen «Carlos» in einem SRF-Dokfilm. Sein Sondersetting für monatlich 29'000 Franken sorgt für Empörung und machen den Fall politisch.
Brians Gewaltbereitschaft und sein Widerstand bringen das Justizsystem an seine Grenzen. Das Bezirksgericht Dielsdorf verurteilte ihn wegen versuchter schwerer Körperverletzung sowie weiterer Delikte im Strafvollzug zu einer Freiheitsstrafe von knapp fünf Jahren. Das Obergericht Zürich erhöhte die Strafe auf sechs Jahre und vier Monate. Das Bundesgericht hob diesen Entscheid am 12. November 2021 auf und wies das Verfahren ans Obergericht zurück.
Während der Untersuchungs- und Sicherheitshaft reichten Brians Anwälte verschiedene Beschwerden ein. Das Bundesgericht lehnte zuletzt im Mai 2022 eine Beschwerde gegen die Verlängerung der Sicherheitshaft ab.