Er ist als Provokateur bekannt: Andreas Glarner, Nationalrat und Präsident der SVP Aargau. Seine Art eckt an, bei Freund und Feind. Zuletzt sorgte er mit einem Artikel in der Zeitschrift «Schweizerzeit» für Aufsehen. Darin gibt er dem Westen eine Mitschuld am Krieg in der Ukraine und fordert diese auf, Gebiete an Russland abzutreten.
Dies war selbst für viele SVP-Politikerinnen und Politiker zu viel. Öffentlich kritisierten sie Glarner. Dieser musste sich bereits früher vorwerfen lassen, er sei mit seinem ruppigen Politstil mitverantwortlich, dass die SVP bei den letzten Wahlen im Aargau Wählerinnen und Wähler verlor. Der interne Zwist war am Parteitag der SVP Aargau am Mittwochabend denn auch ein Thema.
Familie bedeutet Loyalität.
Der Präsident der SVP Schweiz, Marco Chiesa, war überraschend nach Aarau gekommen. Er rief seine Parteifreunde zu Geschlossenheit auf. «Wir sind eine Einheit. Familie bedeutet Loyalität», sagte Chiesa und mahnte, dass man Probleme innerhalb der Partei auch innerhalb besprechen solle und nicht über die Medien.
Andreas Glarner selbst entschuldigte sich am Parteitag für den Artikel und betonte, er sei missverstanden worden. «Putin kann man nicht verstehen und einen Krieg kann man niemals gutheissen», so Glarner gegenüber SRF. Es sei ihm darum gegangen, den geschichtlichen Kontext zu beleuchten und einen Lösungsvorschlag zu präsentieren. Trotzdem sieht Andreas Glarner in Zukunft von Stellungnahmen zu internationaler Politik ab, betonte er.
Die Mischung aus Provokation und Mitarbeit war lange das Erfolgsrezept der SVP.
Die Entschuldigung von Andreas Glarner ist nur die neuste in einer ganzen Reihe. SVP-Exponenten provozieren gerne, nicht nur Glarner. In Erinnerung geblieben sind provokative Inserate («Kosovaren schlitzen Schweizer auf») oder Plakatkampagnen (Schafe oder Minarette als Stichwort). Zuletzt musste sich SVP-Bundesrat Ueli Maurer den Vorwurf der Provokation gefallen lassen, als er sich in einem T-Shirt der Trychler zeigte. Oft entschuldigen sich SVP-Politikerinnen und Politiker danach – wie etwa Ueli Maurer oder nun Andreas Glarner.
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«Diese Mischung aus gezielter Provokation und seriöser Mitarbeit zeichnet die SVP schon lange aus», analysiert Sarah Bütikofer, Politologin an der Universität Zürich. Lange sei dies auch das Erfolgsrezept der Volkspartei gewesen. In den letzten Jahren verlor die Partei aber bei vielen Wahlen in der ganzen Schweiz an Wähleranteilen. Auch die provokative Politik gegen die Corona-Massnahmen haben diese Tendenz bislang nicht gedreht, sagt Bütikofer.
Eine Änderung des Stils ist im Moment aber offenbar nicht zu erwarten. Dies zeigt nicht nur die Debatte um Glarners Artikel, sondern auch der Angriff auf die «links-grünen Schmarotzer-Städte». Dieses Thema hatte der neue Parteipräsident Marco Chiesa am letzten 1. August lanciert und gezielt provokativ argumentiert.
Es dürfte also auch in weiteren Wahlkämpfen zu Provokationen kommen, und vielleicht auch zur einen oder anderen Entschuldigung.