- Bei den Parlamentswahlen in den Städten Baden und Zofingen, sowie in den grossen Gemeinden Obersiggenthal und Wettingen verliert die SVP insgesamt 7 Sitze.
- Allgemein gäbe es ein Linksrutsch in den Aargauer Zentren, bilanziert Politologe Mark Balsiger. Dies auch aufgrund vieler eher jüngeren Neuzuzüger aus dem Raum Zürich.
- Der kantonale Parteipräsident Andreas Glarner nimmt die Ortsparteien der Städte in die Pflicht, man habe sich zu wenig angestrengt. Diese wiederum kritisieren das polemisierende Vorgehen der kantonalen und nationalen Parteispitze.
Katerstimmung bei der SVP in Lenzburg. Hier war die SVP als einige von nur wenigen Städten im Kanton Aargau noch in der Regierung vertreten – bis am Sonntag. Bei den Neuwahlen konnte die Kandidatin Corin Ballhaus den Sitz ihres zurücktretenden Parteikollegen nicht verteidigen. Mit ein Grund sei die nationale Ausrichtung der SVP: «Bei uns auf kommunaler Ebene geht es um Themen wie den Bau eines Schulhauses oder eine Strassensanierung. Da hilft uns das Polemisieren auf nationaler Ebene nicht.»
Es gab Städte, da hat man Tempo-30-Zonen und Steuererhöhungen nicht bekämpft. Warum soll denn der Wähler uns wählen?
Anders sieht dies der Präsident der Aargauer SVP, Andreas Glarner. Die Ortsparteien in den Städten seien selbst schuld, sie hätten ihre Pflicht nicht erfüllt: «Es gab Städte, da hat man Tempo-30-Zonen und Steuererhöhungen nicht bekämpft. Warum soll denn der Wähler uns wählen? Da müssen wir angreifen, wenn es falsch läuft.»
Zu passive SVP-Stadtparteien …
Kein Verständnis für diese Kritik hat Daniel Glanzmann, Fraktionspräsident der SVP in der Stadt Baden. «Wir haben im Wahlkampf gesehen, dass andere bürgerliche Parteien einen riesigen Aufwand betrieben und ebenfalls verloren haben.»
Dass auch andere bürgerliche Parteien Verluste eingefahren haben, bestätigt Politologe Mark Balsiger. Die Gründe seien die Neuzuzüger in den Aargauer Städten und grossen Gemeinden: «In den letzten 10 Jahren sind 17'000 Leute aus dem Kanton Zürich zugezogen, das sind jüngere Menschen und die wählen eher links von der Mitte.»
… oder ein zu aggressiver Parteipräsident?
Gerade in den vier grossen Gemeinde- und Stadtparlamenten, die am vergangenen Sonntag gewählt wurden, verlieren die Mitte und die FDP zusammen nur drei Sitze, während es bei der SVP sieben Sitze sind. Politologe Mark Balsiger sucht nach möglichen Ursachen: «Die SVP nimmt eine eigene Position ein rund um Corona und die Zertifikatsthematik. Das gefällt vielen Leuten, andere finden es aber gar nicht gut. Dann haben wir Andreas Glarner als Parteipräsidenten, der hat viele Fans, aber auch viele Gegner.»
Ich denke, das Image von Herrn Glarner ist unser Problem in den Städten und urbanen Gemeinden.
Kein Fan von Andreas Glarner ist der Badener SVP-Fraktionspräsident Daniel Glanzmann. Er gibt dem kantonalen Parteipräsidenten eine Mitschuld am schlechten Abschneiden in seiner Stadt: «Ich denke, das Image von Herrn Glarner ist unser Problem in den Städten und urbanen Gemeinden. Mit seiner Politik können wir in den urbanen Gemeinden nicht viel anfangen. Wir haben kein Ausländerproblem.»
Der kantonale Parteipräsident selbst möchte auf diese Kritik an ihm öffentlich keine Stellung nehmen, man werde das intern diskutieren. Die kommunalen Wahlen dürften also parteiintern weiter für Gesprächsstoff sorgen.