Das Wichtigste zuerst: Während der Güterverkehr ab dem 23. August wieder rollen kann, dauert es beim Personenverkehr noch länger – und zwar einiges länger. Die Verantwortlichen wollen keine genaue Zeit nennen, SBB-Chef Vincent Ducrot sprach an der heutigen Medienkonferenz aber von «mehreren Monaten», die es dauern könnte. Zuerst werde nun mit Priorität an der Inbetriebnahme der unbeschädigten Oströhre gearbeitet. Dann erst werde die beschädigte Weströhre in Angriff genommen.
Woran hakt es? Die Verantwortlichen rechnen damit, dass erst Anfang 2024 beide Tunnelröhren wieder ohne Einschränkungen befahren werden können. Das beisst sich mit dem bestehenden Evakuierungskonzept. Dieses sieht nämlich vor, dass beim Ausfall oder bei einem Unfall innerhalb einer Röhre Passagiere über Sicherheitsstollen in die zweite Röhre gelangen können. Gemäss Rudolf Büchi, stellvertretendem Leiter Infrastruktur bei der SBB, arbeite man zurzeit mit Hochdruck daran, alternative Lösungen zu finden. Eines sei aber klar: Solange die Evakuierung nicht sichergestellt ist, verkehrten keine Züge.
Wie kommen die Aufräumarbeiten voran? Die Arbeiten gestalten sich schwierig. Laut Infrastrukturleiter Büchi bestünden vor Ort schwierige Bedingungen. So gebe es keinen Strom, und die Arbeiter seien Dunkelheit und Temperaturen von bis zu 40 Grad ausgesetzt. Nach wie vor stünden zudem 16 entgleiste und zum Teil schwer beschädigte Güterwagen im Tunnel. Die Schäden an der Infrastruktur erstrecken sich auf acht Kilometer. Auf dieser Strecke müssen Gleise und rund 20'000 Betonschwellen ersetzt werden. Die Gleise sind im Tunnel nicht in ein Schotterbett eingebaut, sondern in Beton. Der Unfallort gleiche einem Trümmerfeld, sagte Büchi.
Was weiss man über die Unfallursache? Die genaue Unfallursache ist nach wie vor nicht klar. Mehrfach betonten die Verantwortlichen an der Medienkonferenz, man werde die Untersuchung der Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle (Sust) abwarten müssen. Spekulationen, wonach ein beschädigtes Rad für den Unfall verantwortlich war, wollten sie nicht bestätigen.
Wir bewegen uns beim Güterverkehr in einer einfacheren Welt
Wie konnte es so weit kommen? Auch über den genauen Ablauf des Unfalls liegen zurzeit nur bruchstückhafte Informationen vor. Gemäss Isabelle Betschart Kühne von SBB Caro hat der Zug aus 30 Wagen bestanden, die aus fünf verschiedenen Destinationen in Italien zusammengekommen waren, um dann von Chiasso nach Basel zu fahren. Vor seiner Abfahrt sei der Zug den üblichen Kontrollen unterzogen worden. Dabei habe man keine Mängel festgestellt. Vor der Tunneleinfahrt habe es eine zwischenzeitliche Rauchentwicklung gegeben. Ob diese im Zusammenhang mit dem späteren Unfall bestand, müsse aber ebenfalls noch abgeklärt werden.
Wie sicher ist der Güterverkehr? «Wir bewegen uns beim Güterverkehr in einer einfacheren Welt», sagte Vincent Ducrot, auf die Unterschiede zwischen Güter- und Personenverkehr angesprochen. «Ein Zugführer sieht nicht, was hinten am Zug passiert», so Rudolf Büchi. Das heutige System basiere stattdessen auf mehreren Kontrollpunkten im ganzen Schienennetz. Zum jetzigen Zeitpunkt sei man von der Sicherheit des Systems überzeugt, betonten alle Verantwortlichen. Gemäss Vincent Ducrot gebe es zwar Projekte, den europäischen Güterverkehr anzupassen. «Bis es so weit ist, wird es aber noch länger dauern.»