Die Grünen werden kein Parteimitglied für den Bundesrat portieren.
Das teilte die Partei an einer Medienkonferenz mit.
Damit dürfte der frei werdende Sitz mit grosser Wahrscheinlichkeit bei der SVP bleiben.
Wie die Fraktionsspitze am Dienstag in Bern mitteilte, will sie die Zeit nicht für ein abgekartetes Spiel unter den anderen Parteien «vergeuden». Parteipräsident Balthasar Glättli sagte vor den Medien, die Grünen verzichteten nicht auf eine Kandidatur, weil sie die Herausforderung scheuen würden, «sondern weil wir die echte Verantwortung suchen».
Die SVP, mit Abstand die wählerstärkste Partei der Schweiz, hat bereits vier Kandidaturen bekanntgegeben: die beiden Berner Bundeshauspolitiker Albert Rösti und Werner Salzmann, der Zuger Regierungsrat Heinz Tännler und die Nidwaldner Finanzdirektorin Michèle Blöchliger.
Die Grünen hatten 2019 an den nationalen Wahlen ihren Anteil fast verdoppelt. Mit 13.2 Prozent sind sie hinter der FDP (15.1 Prozent), der SP (16.8 Prozent) und der SVP (25.6 Prozent) die viertstärkste Kraft im Nationalrat.
Diese Politiker und Politikerinnen könnten Maurers Nachfolge antreten
Mit ihrem grossen Erfolg haben die Grünen die damalige CVP (heute: Die Mitte) überholt, weshalb eine Diskussion um die sogenannte «Zauberformel» entbrannt ist. Noch 11.4 Prozent der wahlberechtigten Schweizerinnen und Schweizer hatten vor drei Jahren die CVP gewählt.
Grünen-Kandidatur 2023 denkbar
Trotz des grösseren Wähleranteils hat derzeit die Mitte, und nicht die Partei der Grünen, einen Sitz im Bundesrat inne. Mit dem Entscheid der ausserordentlichen Fraktionssitzung vom Dienstag brechen die Grünen mit einer «Tradition», haben sie doch in der Vergangenheit oft Kandidatinnen aufgestellt, wenn es um die Besetzung eines vakanten Sitzes in der Landesregierung ging.
Zuletzt waren die Grünen mit ihrer damaligen Parteipräsidentin und Nationalrätin
Regula Rytz im Zuge der Wahlen 2019
gescheitert. Rytz war als Sprengkandidatin gegen die Wiederwahl von Karin Keller-Sutter und Ignazio Cassis (beide FDP) angetreten.
Die nächsten Gesamterneuerungswahlen des Bundesrats finden im Dezember 2023 im Zuge der Parlaments- und Ständeratswahlen statt. Derzeit scheint es nicht unwahrscheinlich, dass die Grünen dann für einen Bundesratssitz kandidieren werden – wenn auch die Partei noch die Ergebnisse der kommenden Wahlen abwarten will, so Fraktionspräsidentin Aline Trede.
Einschätzung von SRF-Bundeshausredaktor Dominik Meier
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Der Anspruch der Grünen auf einen Bundesratssitz ist bekannt. Und es gibt rechnerisch auch Gründe, die für einen grünen Bundesrat oder eine grüne Bundesrätin sprechen. Dennoch verzichten sie auf eine Kandidatur – vorerst. SRF-Bundeshausredaktor Dominik Meier schätzt ein.
SRF News: Die Grünen sprechen von einem abgekarteten Spiel, von einem Machtkartell. Keine Fraktion, keine Partei, wollte mit den Grünen nur schon verhandeln. Das klingt nach ziemlich grossem Frust.
Dominik Meier: Ja, definitiv. Der Entscheid fällt den Grünen schwer, auch wenn sie das jetzt zu übertünchen versuchen, mit solch leidenschaftlichen Sätzen. Der Frust der Grünen richtet sich vor allem gegen ihre natürlichen Partner Grünliberalen und vor allem SP. Beide Parteien wollen den grünen Angriff auf den SVP-Sitz nicht unterstützen.
Wie sieht es innerhalb der Grünen aus? Es gab grüne Stimmen, die unbedingt eine Kampfkandidatur gegen die SVP lancieren wollten.
Die Grünen sagen zwar heute, es habe keinen Gegenantrag für eine Kandidatur bei der Fraktionssitzung gegeben. Aber die internen Diskussionen der letzten Tage und Wochen waren sehr intensiv. Es ist zum Beispiel ein offenes Geheimnis, dass die Fraktionschefin Aline Trede für eine Kandidatur war. Offenbar auch besonders viele Grüne aus der Romandie. Und die Partei spürt ja auch die Klimabewegung im Nacken. Dort gibt es eher wenig Verständnis für einen strategischen Verzicht. Aber heute haben die Grünen im Bundeshaus pragmatisch entschieden. Man kann sich wirklich fragen, was eine chancenlose Kandidatur gebracht hätte. Es hätte vielleicht die grüne Basis fürs kommende Wahljahr mobilisiert.
Man setze jetzt die Segel, sagte Parteipräsident Glättli. Die Grünen wollen natürlich nach wie vor in den Bundesrat. Ist dieser Entscheid hilfreich für die nächsten Bundesratswahlen 2023 nach den Parlamentswahlen?
Es schadet sicher nicht. Der Entscheid heute könnte den Grünen bei der politischen Konkurrenz etwas Kredit verschaffen. Überschätzen würde ich den Effekt aber nicht. Das zeigen mir auch Gespräche mit Parlamentariern anderer Parteien heute. Klar ist, wenn die Grünen in exakt einem Jahr ihren Wähleranteil von rund 13 Prozent bestätigen, haben sie sehr gute Argumente für einen Sitz im Bundesrat. Aber absolut keine Garantie. Sie brauchen Verbündete. Und die FDP ringt um ihre eigenen zwei Sitze. Die SVP hilft wohl nur, wenn das jetzt auf Kosten der SP ginge. Und die SP muss um ihre eigenen zwei Sitze zittern.
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