Ein Vorstoss im Nationalrat forderte die Anerkennung Palästinas unter der Bedingung der Freilassung der von der Hamas im Oktober entführten israelischen Geiseln. Der Bundesrat wäre laut Motionstext «eingeladen» gewesen, diesem Beschluss zu folgen und ihn über die üblichen diplomatischen Wege zu kommunizieren.
Für SP-Nationalrat Fabian Molina (ZH) war im Rat klar: «Die Lösung des Konflikts ist so einleuchtend wie umstritten», so der Urheber des Postulats. Es gebe Platz für zwei Völker, Israel und Palästina.
Doch Aussenminister Ignazio Cassis machte deutlich: Aus Sicht des Bundesrats sei momentan nicht der richtige Zeitpunkt für eine Anerkennung Palästinas. Er befürworte aber weiterhin die Zweistaatenlösung. Die Staatsanerkennung müsse letztlich Teil eines Friedensplans sein.
Laut Cassis müssen die Bedingungen der UNO-Charta erfüllt sein, damit der Bundesrat den Staat Palästina anerkennt. Zudem vermöge die Positionierung einer Parlamentskammer alleine im Ausland nicht ein klares Bild der Schweizer Aussenpolitik zu vermitteln, so Cassis.
Der Bundesrat bemühe sich jedoch um eine Lösungsfindung, sagte der Aussenminister: «Der Bundesrat engagiert sich momentan auf diplomatischem Weg», und zwar «bilateral als auch regional». Man sei in Kontakt mit westlichen und arabischen Ländern, darunter auch Grossmächten.
Die Wogen gehen hoch
Der Ton im Nationalrat war zuweilen emotional. Zum Thema gab es zahlreiche Fragen. Von bürgerlicher Seite etwa: Weshalb soll die Schweiz ein Territorium als Staat anerkennen, in dem es seit Jahren keine demokratischen Wahlen gegeben habe?
FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann (ZH) warf der «vereinigten Linken» vor, pro-palästinensische Demonstrierende zu unterstützen, die die Eliminierung Israel forderten. Molina reagierte prompt auf den «unglaublichen und infamen Vorwurf».
Die Zweistaatenlösung sei auch für den Schutz Israels die wichtigste Voraussetzung. «Zudem hat sich die SP als erste Partei in der Schweiz für den Schutz jüdischen Lebens nicht nur hier, sondern weltweit eingesetzt.» Im linken Lager brandete Applaus auf, den Ratspräsident Eric Nussbaumer gleich wieder unterband.
Schlagabtausch im Nationalrat
Die Frage um eine Anerkennung Palästinas und um eine Zweistaatenlösung dürfte die Politik weiter beschäftigen. Die Debatte im Rat spiegelte die Komplexität und Verworrenheit des Nahostkonflikts. Das zeigte auch ein kurzer Wortwechsel zwischen Jean Tschopp (SP/VS) und Cassis.
Fragen und Gegenfragen
Der Nationalrat wollte wissen: «Wie hilft eine Nichtanerkennung des Staates Palästina beim Aufbau eines gerechten Friedens?» Cassis reagierte bloss mit einer Gegenfrage: «Wie hilft die Anerkennung eines Staates Palästina zum gegenwärtigen Zeitpunkt für einen gerechten und dauerhaften Frieden?»
Mit 131 zu 61 Stimmen bei 2 Enthaltungen sagte die grosse Kammer Nein zum Postulat. Damit ist das Geschäft vom Tisch.