Seit 1875 gibt es den «Nebelspalter». Vor allem in der Kriegs- und Nachkriegszeit hat sich das älteste Satireblatt der Welt als mutiges Presseorgan gegen die Nationalsozialisten positioniert, und fungierte über viele Jahre als satirisches Leitmedium.
Zuletzt ist es ruhig geworden um das Blatt. Nun hat es der Publizist Markus Somm mit einer Gruppe von Investoren übernommen und will daraus eine pointiert rechtsbürgerliche Zeitung machen, die digital wie auch gedruckt ihr Publikum finden soll.
Der 55-jährige Historiker hat sich in den letzten Jahren einen Namen als libertärer Publizist gemacht, der gegen zu viel EU, zu viel Verwaltung und zu viele Klimamassnahmen anschreibt. Zuletzt war er Chefredaktor der «Basler Zeitung» – und nun der «Witzexperte des Landes», wie er sich im «Tagesgespräch» von SRF mit einem Augenzwinkern bezeichnet?
«Ich vertrete klare Standpunkte, spitze zu und bin auch mal polemisch. Aber Satire ist etwas, das ich nicht kann.» Berührungsängste hat er trotzdem keine. «Ich kann beurteilen, ob ein Text gut oder lustig ist. Es ist ja schon mal sehr gut, wenn ich lache.»
Schlaflose Nächte
Im «Nebelspalter» sollen Satire und politischer Journalismus koexistieren: 50:50 bleibt die Zielsetzung im Print. Eine mutige Kombination, räumt Somm ein. «Und das hat mir auch schlaflose Nächte bereitet. Es wird ein Kantengang.»
Als Vorbild nennt er die französische Satirezeitschrift «Canard enchaîné». Heute ging auch www.nebelspalter.ch online. Tonalität und Aufmachung der Artikel sind bissig – Witz und Satire fristen aber ein Dornröschen-Dasein.
Somm bestätigt: Online stehen zunächst seriöse News im Zentrum. «Ich bin mir bewusst, dass wir auf unserer Online-Plattform noch zu sehr auf Seriosität setzen, das muss witziger werden.» Es gehe bei der Lancierung der Online-Präsenz aber darum, den «Nebelspalter» neu zu positionieren.
Humor von rechts?
Die erste Onlineausgabe enthält unter anderem eine Geschichte über die Schweiz, die bei der Wahl des neuen Generalsekretärs der OECD gegen die EU und mit den Angelsachsen gestimmt hat. Und Somm hat für den Artikel «Die Tage des Nebels sind gezählt» selber in die Tasten gegriffen:
Dreissig Jahre lang hat die Linke geherrscht. Ihre Utopien sind verdampft. Wir stehen am Anfang einer neuen Epoche.
Programmatische Worte – und eine Ansage an den «linksliberalen medialen Mainstream», dem Somm den «Nebelspalter» als drittes bürgerliches Medium neben «NZZ» und «Weltwoche» entgegenstellen will.
Somm verortet den neuen «Nebelspalter» Mitte-rechts. Im Satire-Teil peilt er aber einen «brutalen Pluralismus» an: «Mir ist es völlig egal, ob es linke oder rechte Satire ist. Es muss einfach lustig sein.» Satire sei dann gut, wenn sie gegen alle Seiten austeile.
Die Liste der 70 Investoren liest sich wie ein «Who is Who» des Schweizer Geldadels: Sergio Ermotti, Konrad Hummler oder Walter Frey sind etwa mit an Bord. Ausnahme: Christoph Blocher. Kein Zufall, wie Blocher-Biograph Somm sagt: «Ich wollte etwas machen, bei dem nicht immer gleich der Vorwurf kommt, es sei in den Händen einer Partei. Aber: Ich habe nichts gegen die SVP und Christoph Blocher steht mir noch immer nahe.»
Ziel sei es, ein parteipolitisch unabhängiges, dezidiert bürgerliches Medium zu lancieren. Statt auf einen Mäzen setzt der «Nebelspalter» auf ein «pulverisiertes Aktionariat», wie es Somm nennt. Jeder Geldgeber bezahlt 100'000 Franken. «Damit soll eine grosse Unabhängigkeit der Redaktion gewährleistet bleiben. Keiner der Investoren kann dominieren.»