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Jansens antikapitalistische Visionen
Aus Echo der Zeit vom 29.11.2019. Bild: Keystone
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Neue Juso-Chefin Ronja Jansen Die Gerechtigkeit im Zentrum

Vor drei Monaten wurde Ronja Jansen knapp gewählt. Wie tickt die neue Präsidentin der Jungsozialistinnen und -sozialisten? Ein Porträt.

Der Zug von Zürich nach Bern ist gut besetzt. In einem 4er-Abteil bei einem älteren Paar sind noch zwei Plätze frei. Jansen hatte Arbeitstermine in Zürich. Nun ist sie auf dem Weg nach Bern, wo sie in einer WG wohnt. Bis vor kurzem lebte sie noch bei ihren Eltern im Baselbiet.

Die 24-Jährige ist schon länger politisch aktiv. Aber jetzt, als Juso-Chefin, habe sich ihr Leben sehr stark verändert. «Ich habe zahlreiche Rückmeldungen erhalten, das habe ich in diesem Ausmass nicht erwartet. Viele Menschen schicken mir Ideen und wünschen sich, dass sich in der Politik jemand darum kümmert.»

An diesem Tag wird bekannt, dass die Grüne Regula Rytz für den Bundesrat kandidieren will. Das sei sehr positiv, meint Jansen dazu. Nach dem Wahlerfolg der Grünen wäre ein Sitz im Bundesrat nichts als gerecht.

Ronja Jansen
Legende: Ronja Jansen wurde am 31. August denkbar knapp gewählt: Im zweiten Wahlgang und mit nur einer Stimme Vorsprung. Keystone

Gerechtigkeit ist für Jansen zentral. Ganz in Juso-Manier steht sie für eine Politik am linken Rand: Sie ist gegen ein höheres Rentenalter, für kürzere Arbeitszeiten, für die Abschaffung der Armee und für die Überwindung des Kapitalismus. Sie spricht von der Verstaatlichung der Grossbanken und des Bodens.

Ideen, die in der breiten Bevölkerung nicht unbedingt Zustimmung finden. So wurden in der Vergangenheit ähnliche linke Anliegen, wie zum Beispiel eine Erbschaftssteuer, abgelehnt. Das sei eigentlich paradox, meint Jansen, und habe damit zu tun, dass viele Menschen hofften, selber einmal reich zu werden.

Der Kapitalismus schafft es, diese seltsame Solidarität zwischen unten und oben zu schaffen.

«Das ist der Grund, weshalb sich der Kapitalismus so lange hat halten können. Er schafft es, diese seltsame Solidarität zwischen unten und oben zu schaffen.» Aber die Wahrheit sei: «Bei der grossen Mehrheit gelingt es eben nicht.» Und darum solle diese Mehrheit stärker von der reichen Minderheit profitieren. Reiche, die noch reicher würden, weil sich ihr angelegtes Geld vermehre, sollten höhere Steuern bezahlen, fordert Jansen.

Es ist hartes Brot, als linke Person Wirtschaft zu studieren.

Eine stärkere Besteuerung des Kapitaleinkommens – das hört man selten von einer Wirtschaftsstudentin: «Es ist hartes Brot, als linke Person Wirtschaft zu studieren, vor allem wegen den Äusserungen der Dozentinnen und Dozenten. Damit hatte ich immer sehr Mühe: Wenn wirtschaftspolitische Meinungen als allgemeingültige Wahrheit verkündet werden.»

«Hochprofessionell, aber Funiciello habe ich stärker gespürt»

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Legende: Keystone

Andri Silberschmidt, Präsident der Jungfreisinnigen, sagt auf Anfrage, Jansen töne für ihn stark nach Juso-Schule. Sie sei hochprofessionell, die Persönlichkeit ihrer Vorgängerin Tamara Funiciello habe er aber stärker gespürt. Der Co-Präsident der jungen Grünen, Luzian Franzini, sagt, sie sei sehr intellektuell und präsent.

Auch auf dieser Zugfahrt ist Jansen präsent, sehr bedacht, vorsichtig im Ausdruck. Und auch mutig – etwa, weil sie in einem vollen Zug provokative Ansichten offen vertritt. Manch ein Mitfahrer spitzt die Ohren. Und eine Frau verzieht den Mund, als Jansen von der Verstaatlichung des Bodens spricht.

Dabei gebe es durchaus andere Wirtschaftstheorien als die neo-klassische, die in der Schweiz hauptsächlich vermittelt werde. Aber nein, einen Sowjetsozialismus wolle sie nicht, so Jansen.

Das kapitalistische System sei aber ebenfalls gescheitert. Es habe zu grossen Ungerechtigkeiten und zur Klimakatastrophe geführt. «Die Vision der Juso ist, dass wir diese Entscheidungen, die uns alle betreffen, demokratisch gemeinsam treffen. Das heisst: ein demokratischer Umgang mit Boden, aber auch mit der Wirtschaft.»

Ihr Studium habe sie auf Eis gelegt, bis ihre Zeit als Juso-Präsidentin vorbei sei. Ob sie danach nicht einfach in den Nationalrat rutsche, wie ihre Vorgänger Cédric Wermuth und Tamara Funiciello? Nein, so weit denke sie nicht, sagt Jansen: «Ich habe viel Spass an diesem Amt und kein Bedürfnis, mich auf eine andere Art politisch einzubringen. Das ist der Ort, wo ich sein möchte, und die Art, wie ich mich einbringen möchte.»

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