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Neue Knie-Tournee «Wir suchen Artisten nicht danach aus, wie verrückt sie sind»

Ivan Knie repräsentiert die achte Generation des Zirkus Knie. In einem seltenen Einblick hinter die Kulissen schildert er den Alltag im Zirkus, spricht über die Herausforderungen der Branche und erzählt, wie fast 20 Nationalitäten unter der Zirkuskuppel zusammenleben.

Ivan Knie

Ältestes Kind der Direktorin des Zirkus' Knie

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Ivan Knie (23) ist der Sohn der Zirkus-Direktorin Géraldine Knie. Er präsentiert die Pferde-Nummer auf der Tournee. Daneben ist er auch für den Auf- und Abbau der Stallungen sowie den Transport der Pferde verantwortlich, und er übernimmt zunehmend repräsentative Aufgaben.

SRF News: Drohnen, «Kinetic Balls», fahrbare Bühnen – braucht es im Knie immer mehr Technik, um relevant zu bleiben?

Ivan Knie: Wir müssen einen guten Mittelweg finden: Die ganze Technik, die wir im Programm haben, darf nicht wichtiger als die Artisten werden. Der Artist ist der Fokus – alles andere muss ein Zusatz sein.

Wir sagen nicht: Wir müssen eine Frau haben, weil es politisch korrekt ist oder nicht.

Der Zauberer im neuen Programm wird von Assistentinnen unterstützt. Wäre es nicht mal Zeit für eine Zauberin und ihren männlichen Assistenten? Hat diesbezüglich ein Zirkus nicht auch eine gesellschaftspolitische Verantwortung?

Ja, die muss man haben. Aber die Artistinnen und Artisten müssen einfach gut sein. Wir sagen nicht: Wir müssen eine Frau haben, weil es politisch korrekt ist oder nicht. Der Knie hat übrigens schon immer Frauen in den Vordergrund gestellt. Meine Mutter Géraldine und meine Tante Doris führen das ganze Geschäft. Im Zweiten Weltkrieg hat eine Frau den gesamten Zirkusbetrieb geleitet und durch eine sehr schwierige Zeit gebracht.

Müssen die Nummern immer verrückter werden, um das Publikum noch zu begeistern?

Ich glaube nicht, dass es da einen Druck gibt. Wir suchen unsere Artisten nicht danach aus, wie verrückt sie sind, sondern wie sicher sie in dem sind, was sie machen. Für uns ist wichtig, dass das, was wir präsentieren, fast leicht aussieht. Wir spielen über 300 Shows pro Tournee, da sind sichere Nummern viel wichtiger als zu krasse.

24 Spielorte

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In der Corona-Pandemie hat der Zirkus Knie seinen Tourneeplan überarbeitet. Durch den erhöhten Einsatz von Technik im Zelt benötigen sie mehr Zeit für den Aufbau. Früher bespielte der Zirkus Knie 45 Standorte in der Schweiz, mittlerweile sind es noch 24.

Seit 2004 gibt es keine Raubtiere mehr im Zirkus Knie, jetzt gibt es auf der aktuellen Tournee noch eine Pferdenummer. Wie rechtfertigen Sie in Zeiten des Tierschutzes die Bedenken, dass Sie trotzdem immer noch Tiere vorführen?

Es ist gerechtfertigt, wenn man die Tiere richtig hält, wenn man die Tiere richtig behandelt und weiss, wie man mit ihnen umgeht. Wir müssen Vorbilder sein – nicht nur für die Shows, sondern auch für die Leute, die selbst Pferde zu Hause haben. Unser Training mit den Pferden ist öffentlich, und alle können jeden Morgen zusehen, wie wir mit den Tieren arbeiten.

Etwa 250 Leute arbeiten im Zirkus vor und hinter dem Vorhang, aus 19 Nationen. Wie ist der Umgang untereinander?

Politik und Religion sind kein Thema. Wir reisen gemeinsam durch die ganze Schweiz, arbeiten und leben auf engstem Raum – und wer da nicht mitzieht und tolerant ist, hat hier einfach keinen Platz.

Ein Pferd kann man leider nicht dazu bringen, einen doppelten Rückwärtssalto zu machen.

Sie sind bald 24 Jahre alt. Werden Sie mal Zirkusdirektor?

Das ist schon ein Traumziel von mir. Aber ich will den Zirkus erst übernehmen, wenn ich bereit dazu bin, wenn ich fähig bin. Die Leute haben eine Erwartung an uns, und ich will diese Erwartungen auch erfüllen können. Aber ich habe mit meiner Mutter Géraldine, die jetzt die Direktorin ist, bereits darüber gesprochen.

Welche Traumnummer wollen Sie in der Manege noch umsetzen?

Ein Pferd kann man leider nicht dazu bringen, einen doppelten Rückwärtssalto zu machen. Es ist schwierig zu sagen, welche Idee ich in der Manege noch umsetzen will. Es gibt so viele Sachen. Ich denke nicht so weit im Voraus. Ich geniesse wirklich die Zeit, die wir jetzt haben, und ich schaue Jahr für Jahr. So habe auch ich immer Vorfreude.

Das Gespräch führte David Karasek.

Tagesgespräch, 14.04.2025, 13 Uhr ; 

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