Es sind SVP-Voten, die aus dem Rahmen fallen: Der Klimawandel und die Umwelt liegen der SVP als Bauernpartei am Herzen, betonen SVP-Politikerinnen und Politiker vor den Wahlen im Kanton Bern auffällig oft. «Wir sind die grünste Partei», sagt etwa der Oberländer SVP-Grossrat Thomas Knutti zu Radio SRF.
Wir haben viele Bäuerinnen und Bauern in der Partei, die grün leben.
Ortssektionen lassen den Worten Taten folgen: Die SVP Konolfingen hat eigens einen Naturpfad errichtet, der über Flora und Fauna in der Region informiert. Acht Kandidierende für den Grossen Rat fungieren als Paten. Sie wollen damit die Bevölkerung für das Thema sensibilisieren und die Umwelt aus einer anderen Perspektive wahrnehmen lassen. «Wir haben viele Bauern in unserer Partei, die grün leben. Es sind gerade sie, die sorgfältig mit dem Boden umgehen. Und nicht dreimal pro Jahr um die Welt reisen, sondern in der Schweiz Ferien machen», so Knutti.
Will die SVP jetzt auf die grüne Welle aufspringen? Die Berner SVP ist eine der grössten SVP-Sektionen des Landes. Die Strategieanpassung ist darum schweizweit von Bedeutung. SVP-Kantonalpräsident Manfred Bühler winkt ab und sagt, am politischen Kurs habe sich grundsätzlich nichts geändert. Man schaue schon über 100 Jahre zur Landschaft und Landwirtschaft. «In der Kommunikation werden wir aber sichtbarer machen, was unsere Mitglieder alles konkret für die Umwelt tun. Anstatt nur politisches Blabla zu betreiben.» Denn es gebe eine grosse Diskrepanz zwischen «grün sein» und «grün wählen und denken», Letzteres sei eher in den Städten ausgeprägt.
Wie die SVP bei Umweltfragen abstimmt
Im Zentrum Berns wohnt Natalie Imboden, Präsidentin der Grünen im Kanton Bern. Sie findet es zwar gut, dass sich einzelne Personen der rechten Partei für die Umwelt engagierten. Aber: «Die SVP ist aber nicht grün, denn in realen Fragen bietet sie kaum Hand für Lösungen.»
In realen Umweltfragen bietet die SVP kaum Hand für Lösungen.
Tatsache ist: Die SVP bekämpfte das CO2-Gesetz, im Kanton Bern sagte sie Nein zu höheren Steuern für umweltschädliche Motorfahrzeuge und gab die Nein-Parole zur Pestizidinitiative heraus.
Für Umweltanliegen hat die SVP bei den Abstimmungen auch im Grossen Rat kaum gestimmt. Dies zeigt eine jüngst erschienene Untersuchung von Umweltorganisationen. Diese zählte, bei wie vielen Vorlagen die Berner Grossrätinnen und Grossräte im Sinne der Umwelt abstimmten. «Die SVP ist das klare Schlusslicht mit rund 10 Prozent Zustimmung», sagt Jörg Rüetschi von WWF Bern. Die FDP kommt auf 40 Prozent. Grüne, SP und GLP kommen auf 75 bis 90 Prozent Zustimmung für Umweltanliegen.
Mehr als PR? Das sagt der Politologe
Ob bei den Smartvote-Profilen der Kandidierenden oder im 10-Punkte-Legislaturprogramm: Bei der SVP sucht man Umwelthemen oft vergebens. Ist es also bloss ein PR-Gag, dass die Berner SVP Umweltthemen zumindest kommunikativ in den Fokus rückt?
Die Klimajugend fordert die Parteien heraus. Die SVP kann die grüne Welle nicht einfach aussitzen.
Der Berner Politologe Marc Bühlmann sagt dazu: «Man hat es schon bei der nationalen FDP gesehen: Die Parteien müssen etwas tun. Sie sind herausgefordert von der Klimajugend, von dem Klimathema. Man kann die grüne Welle nicht einfach aussitzen.»
Für die SVP sei es schwierig, da Stellung zu beziehen. «Kurzfristig bringt diese Neuorientierung wahrscheinlich nicht so viel. Man kann damit nicht neue Wählerinnen und Wähler gewinnen», so Bühlmann. Bei den Wahlen gehe es jedoch mehr um die Mobilisierung der eigenen Klientel. Denn auch für Landwirtinnen und Landwirte sei das Thema Klima wichtig. «Dies hat sich etwa in den heissen Sommern gezeigt, als Kühe auf der Alp kein Wasser mehr hatten.»