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Neue Studie Schweizer bezahlen seit 2006 78 Milliarden Franken zu viel Miete

Die Mieten sind jeden Monat 200 Franken zu teuer. Die Mieterinnen und Mieter könnten etwas dagegen tun.

Was sagt die Studie? Das Büro BASS (Bern) hat im Auftrag des Mieter- und Mieterinnenverbandes der Schweiz ausgerechnet, wie viel die Mieten seit 2006 nach Gesetz und nach Zinsentwicklung hätten steigen können und wie viel sie tatsächlich gestiegen sind. Für die Berechnung hat BASS den Mietpreisindex des Bundesamtes für Statistik als Basis genommen. Die Studie kommt zum Schluss, dass Mieter seit 2006 gesamthaft 78 Milliarden Franken zu viel bezahlt haben.

Grafik.
Legende: Newsdesign SRF

Tatsächlich hätten die Mietpreise in diesem Zeitraum wegen der sinkenden Hypothekarzinsen sogar fallen müssen, und zwar von 100 auf 89 Indexpunkte. Sie sind aber gestiegen. Dieser Unterschied beträgt 78 Milliarden Franken. Oder 200 Franken pro Monat pro Miethaushalt – während 15 Jahren.

Warum bezahlten Mieter zu viel? Erstens: Vermieter holen aus vielen Wohnungen eine missbräuchliche Mietrendite heraus – verdienen also gemäss Gesetz zu viel daran, auf Kosten des Mieters. Zweitens: Viele Mieter verlangen Mietsenkungen nicht, auch wenn sie ihnen zustünden.

Die Schweiz kennt keine Marktmieten – was bedeutet das? Die Schweiz kennt per Gesetz keine Marktmiete. Ein Vermieter darf also für eine Wohnung nicht so viel verlangen, wie der Markt hergäbe, sondern nur so viel, wie erlaubt. Wenn der Vermieter mehr verlangt, gilt das als missbräuchliche Mietrendite.

Das Bundesgericht hat entschieden, dass Vermieter zum Referenzzinssatz (aktuell 1.25 Prozent) höchstens 2 Prozent Rendite draufschlagen dürfen, das gibt 3.25 Prozent erlaubte Maximalrendite. Zum Vergleich: Schweizer Bundesanleihen werfen zur Zeit 0.5 Prozent Rendite ab.

Vom Gesetz her wäre also alles sauber geregelt – nur kontrolliert das der Staat nicht. Vermieter können dieses Gesetz ohne Busse umgehen. Und das tun sie auch und streichen so Milliarden mehr ein, als ihnen zustünde.  

Was können Mieter tun? Eigentlich könnten sie selber dafür sorgen, dass ihr Vermieter nicht zu viel Miete verlangt. Sie müssen aber selber aktiv werden. Und zwar sofort nach dem Einzug. Einige Kantone kennen dafür extra die Formularpflicht: Der Vermieter muss dem neuen Mieter in einem Formular bekannt machen, was der vorherige Mieter bezahlte. In vielen Kantonen aber gibt es gar keine solche Formularpflicht: Neumieter wissen nicht, was die Wohnung vorher kostete.  

Wann geben Vermieter Mietsenkungen nicht weiter? Vermieter stecken Geld in den Bau von Mietwohnungen. Geld, das sie sich oft von einer Bank geben lassen, die Zinsen dafür verlangt. Den Zins wiederum dürfen Vermieter den Mietern weiterverrechnen – der Referenzzinssatz. Wenn dieser steigt, werden die Mieten teurer.

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Archiv: Der Referenzzinssatz ist seit März 2020 bei 1.25 Prozent
Aus Tagesschau vom 02.03.2020.
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In den letzten zehn Jahren ist der Referenzzinssatz fast immer gesunken – 2009 lag er bei 3 Prozent, heute bei 1.25 Prozent. Diese Senkung geben viele Vermieter nicht automatisch weiter und so wird auch die Miete nicht günstiger. 

Weshalb sind Mieter auch selber schuld? Die Mietsenkungen, auf welche Mieter bei der Senkung des Referenzzinssatzes Anrecht hätten, müssen die meisten Mieter selber beim Vermieter einfordern. Dann ist dieser verpflichtet, den Mietzins zu senken – nur kümmern sich viele Mieter nicht darum.

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Aus dem Archiv: Der Referenzzinssatz sinkt auf 1.25 Prozent
Aus Tagesschau vom 02.03.2020.
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Was sagt die Politik? Die FDP will mit verschiedenen im Parlament hängigen Vorstössen oben beschriebene Rechte der Mieter schwächen. Sie argumentiert hauptsächlich damit, dass Hauseigentümer genügend Rendite machen müssten, um in Wohnungen investieren zu können. SP und linke Parteien hingegen wollen diesen Abbau des Mieterschutzes verhindern und sogar ausbauen. Sie argumentieren, dass das Mieten sonst zu teuer würde und die Umverteilung von Mietenden zu (Haus-)Besitzenden noch anziehe.

Hauseigentümerverband dementiert

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Der Hauseigentümerverband Schweiz HEV kritisiert die BASS-Studie in einer Mitteilung harsch. Bei der behaupteten Umverteilung handle es sich um ein «Ammenmärchen», der Mieterinnen- und Mieterverband habe ein «Parteigutachten» erstellen lassen.

Die Studie vergleiche die Entwicklung des Mietpreisindexes mit der Entwicklung der Hypothekarzinsen und der Teuerung. «Effektiv erfolgte Investitionen in den einzelnen Jahren fehlen vollständig. Gerade diese Kosten fallen aber ganz massiv ins Gewicht», schreibt der HEV. Zudem werde «die gesetzlich vorgesehene Zulässigkeit der orts- und quartierüblichen Mieten» unterschlagen.

HEV zufolge braucht es keine Mietrechtsrevision. Die vom Bundesamt für Wohnungswesen grossangelegte Evaluation von GFS.Bern vom Juni 2021 habe «klar» gezeigt, dass «die überragende Mehrheit» der Mieterinnen und Mieter sowie der Vermieterinnen und Vermieter «äusserst zufrieden» seien mit dem geltenden Mietrecht.

SRF 4 News, 27.02.2022, 09:30 Uhr

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