Ein Loch im Kopf, plötzlich hohes Fieber – wenn das Kind krank ist und es schnell gehen muss – dann ist die Kinder-Permanence mit ihren langen Öffnungszeiten für viele Eltern eine beliebte Anlaufstelle. Rund 40'000 kleine Patienten besuchten letztes Jahr die Zürcher Standorte von «Swiss Medi Kids».
Bei der Praxis am Zürcher Hauptbahnhof finden über die Hälfte der Besuche am Wochenende oder abends statt. Bisher hat die Leiterin solche Einsätze über spezielle Pauschalen abgerechnet. Doch damit ist jetzt Schluss. Denn Bundesgerichtsurteile, angestrebt von den Krankenkassen, bringen das Geschäftsmodell der Notfallpraxis ins Wanken.
«Das Bundesgericht verlangt jetzt von uns, dass wir unter der Woche, am Abend und am Wochenende zum gleichen Tarif arbeiten», sagt Katja Berlinger, Leiterin der Swiss Medi Kids AG. «Damit können wir jetzt aber die vom Arbeitsgesetz geforderten Mehrvergütungen für die Wochenendarbeit nur noch bezahlen, wenn wir gleichzeitig unsere Existenz gefährden.» Um zu überleben, muss Swiss Medi Kids nun mit den einzelnen Krankenkassen Lösungen aushandeln.
Diese kritisieren das Geschäftsmodell der Kinder-Permanencen scharf. Es könne nicht sein, dass die Permanencen über unzulässige Pauschalen abrechnen, schreibt die Helsana: «Als Krankenversicherer sind wir gegenüber unseren Prämienzahlenden verpflichtet, nur Leistungen zu vergüten, die gemäss Krankenversicherungsgesetz zulässig sind», führt sie weiter aus.
Kritik von Rechts bis Links
Das Bundesgericht hat den Krankenkassen recht gegeben. Sie müssen keine Pauschalen mehr bezahlen, und können das Geld zurückfordern. Davon betroffen ist nicht nur die Kinder-Notfallpraxis in Zürich, sondern alle Permanencen in der Schweiz.
Die Politik ist entsprechend alarmiert. «Gerade in der unterversorgten Kindermedizin können wir es uns nicht leisten, dass wegen eines Interpretationsstreites so wichtige Angebote wie Kinder-Permanencen bedroht werden», sagt SP-Ständerätin Flavia Wasserfallen. Sie erwarte ein Machtwort vom Bund und Kantonen. Einen entsprechenden Vorstoss hat Wasserfallen bereits im Parlament eingereicht.
Auch die Bürgerlichen sind besorgt. «Es braucht zum einen eine neue Tarifstruktur, welche die Leistung der Grundversorger – dazu gehören auch Kinderärzte – grundsätzlich besser honoriert, zum anderen braucht es auch eine bessere Vergütung durch die Krankenversicherungen», sagt etwa FDP-Nationalrätin Regine Sauter, die auch Präsidentin des Spitalverbands ist. Hier seien nun die Krankenversicherungen gefordert, einen Weg zu finden.
Neue Tarife für Randzeiten im 2026?
Im Jahr 2026 soll die neue Tarifstruktur «Tardoc» eingeführt werden. Dabei könnten die Tarife für die Randzeiten der Notfallpraxen eventuell neu geregelt werden. Doch das dauert zu lange, warnt Tiana Moser, GLP-Ständerätin und Co-Präsidentin der parlamentarischen Gruppe Kindermedizin. «Die Situation ist akut, es braucht rasch eine Klärung, sonst können die Kinder-Permanencen nicht überleben und dann hätten wir ein Versorgungsproblem.»
Die Politik will das Finanzierungsproblem der Notfallpraxen lösen. Wie genau das geschehen soll, ist aber noch offen.