Einen Bundesrat in den Schatten stellen, das kann er. Um den Schoggibrunnen im neuen Schoggimuseum zu enthüllen, lässt Roger Federer eine goldene Kugel fallen und alle Augen sind auf ihn gerichtet. Und nicht auf Ueli Maurer, der am Donnerstagnachmittag für die Eröffnung ebenfalls nach Kilchberg gereist ist.
Für das «Home of Chocolate» hat die Lindt-Stiftung gross angerichtet, nicht nur beim Marketing. 100 Millionen Franken stecken im Bau der hippen Basler Architekten Christ & Gantenbein. Zu erleben gibt es eine Ausstellung, einen Laden und den neun Meter hohen Schoggibrunnen. Ziel: 350'000 Besucher anzulocken.
Im Land der Schoggi-Fabrikläden
So viele Besucherinnen und Besucher ist ein ehrgeiziges Vorhaben. Chocolat Frey, die Migros-Schokoladenfabrik mit dem grössten Marktanteil im Einzelhandel in der Schweiz, lockte 2019 bloss 77'000 Besucher an. Darum hat sich Besitzerin Migros vor Kurzem entschieden, das Besucherzentrum in Buchs zu schliessen.
Dazu kommt die grosse Konkurrenz. Ein halbes Dutzend Schweizer Schokoladenfabriken bieten Besichtigungen und Direktverkauf an, jährlich kommen etwa 917'000 Besucher, wie es beim Branchenverband Choco Suisse auf Anfrage von SRF News heisst.
Lindt will jedes Jahr 350'000 Besucherinnen und Besucher anziehen. Und ist damit nicht weit entfernt von der halben Million, die das bestbesuchte Museum der Schweiz erreicht, das Verkehrshaus Luzern. «Ich finde das eher bescheiden», sagt Ernst Tanner, Präsident der Lindt-Stiftung zu SRF News.
Er persönlich rechne mit noch mehr Andrang. Mit Schweizern, die einen Ausflug machten. Und mit internationalen Touristen. «Wenn Corona einmal überstanden ist, erwarte ich zwischen 150'000 und 200'000 Besuchern aus der ganzen Welt», so Ernst Tanner.
«So einfach ist das nicht», sagt Jürg Stettler, Tourismus-Professor an der Hochschule Luzern. «Sicher, das Schoggimuseum ist eine tolle Attraktion, die Marke ist stark und mit Roger Federer als Botschafter sehr gut aufgestellt – aber 350'000 Besucher jährlich, das ist noch nicht garantiert», sagt er.
Entscheidend für den Erfolg des Schoggi-Museums sei die Besucherstruktur. Fraglich ist, ob Lindt es schaffe, dass auch internationale Touristen kommen, dass etwa asiatische Reisegruppen auf ihrem Weg durch die Schweiz einen Stopp in Kilchberg machen.
Höhepunkt Schoggibrunnen
Um an die Touristen heranzukommen, arbeitet der Schokoladenfabrikant mit Zürich Tourismus zusammen. Das «Home of Chocolate» ist neu einer von vier Schlüsselpartnern der Marketing-Organisation. Das bedeutet, dass Zürich Tourismus Werbung macht für das neue Angebot, und zwar im In- und im Ausland, wie Direktor Martin Sturzenegger erklärt.
«Wir sind laufend mit den Touristinnen und Touristen im Austausch, da bietet es sich an, dass Lindt mit uns zusammenarbeitet», sagt Martin Sturzenegger. Zürich als Destination profitiere aber auch. «Schoggi ist ein Thema, das mit der Schweiz assoziiert wird. Und Schoggi können wir nun in einer tollen Ausführung bieten.»
Der Tourismus-Direktor rechnet damit, dass die 350'000 Besucher, die sich Lindt vorgenommen hat, schnell erreicht sind. Wenn denn die Corona-Krise einmal überstanden sei. Bis es soweit ist, setzt das neue Schoggimuseum auf Schweizer Publikum. Der Schoggibrunnen sprudelt seit Donnerstagnachmittag.