Statt sich wie bisher in den zwei untereinander zerstrittenen Branchenverbänden Santésuisse und Curafutura zu organisieren, wollen sich die 13 grössten Krankenversicherungen ab nächstem Jahr zu einem neuen Verband zusammenschliessen. Der Berner Gesundheitsökonom Heinz Locher, der den Vorläufer von Curafutura präsidiert hatte, schätzt die Ankündigung ein.
SRF News: Was bedeutet der angekündigte neue Verband für die Prämienzahlenden?
Heinz Locher: Es ist grundsätzlich eine gute Nachricht. Nun kommt es darauf an, was die Versicherungen mit ihrem neuen Verband leisten. Es ist die Aufgabe der Versicherungen und der Spitäler oder Ärztinnen und Ärzte, für eine gute Versorgung zu sorgen. Und wenn sie sich auch Vorstellungen dazu machen, was eine gute Versorgung ist, haben wir eine konstruktive Stimme mehr.
Sie haben immer wieder kritisiert, dass die Krankenversicherungen selber zu wenig mitdenken würden, wie eine Versorgung aussehen soll.
Wirtschaftlich zu sparen, ist kein Ziel. Die Versorgung in einer wirtschaftlichen Weise sicherzustellen, ist ein Ziel. Aber primär geht es darum, dass man Vorstellungen entwickelt, wie viele Spitäler, wie viele Arztpraxen es braucht, zu welcher Qualität und welchen Kosten.
Die Krankenversicherungen haben hier im Unterschied zu anderen Ländern nicht das geliefert, was man erwarten könnte.
Hier ist ein Nachholbedarf festzustellen. Und es ist ein Potenzial vorhanden zugunsten der Prämienzahlenden, aber auch zugunsten der Patientinnen und Patienten, die eine bessere Leistung erhalten. Die Krankenversicherungen haben hier im Unterschied zu anderen Ländern nicht das geliefert, was man erwarten könnte.
Curafutura sagt, man werde noch bis Ende Jahr arbeiten. Santésuisse sagt, man werde nicht verschwinden. Wie geht es also weiter mit den beiden bisherigen Verbänden?
Bei Santésuisse muss zwischen der politischen Organisation, die wie Curafutura wahrscheinlich verschwinden wird, und den technischen Organen, die die Abwicklung der Krankenversicherung sicherstellen, unterschieden werden. Die technischen Organe braucht es weiterhin, aber Santésuisse in ihrer heutigen Form, einschliesslich ihres politischen Organs, wird verschwinden.
Curafutura konnte sich im Image, in der Aktivität nicht absetzen. Wir hatten einfach zweimal Santésuisse.
Die beiden bisherigen Verbände waren sich immer wieder uneinig, beispielsweise beim neuen Ärztetarif Tardoc. Wird das jetzt besser?
Hinter diesen beiden Initiativen stehen Überzeugungen und Meinungen. Ich glaube nicht, dass diese jetzt verschwinden, und das ist auch nicht notwendig. Das Hauptproblem war, dass Curafutura sich im Image, in der Aktivität nicht absetzen konnte. Wir hatten einfach zweimal Santésuisse.
Hat es Sie überrascht, dass es trotz Bestrebungen nicht zu einer Wiedervereinigung der beiden Verbände gekommen ist?
Die Lösung hat mich überrascht, aber positiv. Es ist eine elegante Lösung, weil es keine Verlierer gibt, keine Übernehmer und Unterlegene.
Aber Curafutura verliert ja Ende Jahr seine Mitglieder.
Aber auch Santésuisse verliert, wenn man das genauer anschaut, eigentlich alle. Denn 90 Prozent der Versicherten sind dann im neuen Verband, mit 10 Prozent kann man nicht überleben.
Das Gespräch führte Andrea Jaggi.