Im Gespräch wirkt Christian Dussey nicht wie ein Mann aus dem Kalten Krieg. Er hat kein militärisches Auftreten, obwohl sein Dienst zum VBS gehört und er selbst Generalstabsoffizier der Panzertruppen war.
Er spricht viel und gerne von Agilität, Diversität, von neuen Technologien, ob als Bedrohung oder auch als Chance. Er ist ganz der moderne Manager, der auch mal seine 450 Mitarbeitenden aufruft, auf die psychische Gesundheit zu achten: «Es ist schwierig, nichts mitzunehmen, aber wir müssen versuchen, unsere mentale und emotionale Kapazität weiterzuentwickeln und zu bewahren.»
Laut Weggefährte «perfekt» für den Job
Theodor Winkler spielte bei Dusseys Karrierestart vor 30 Jahren eine entscheidende Rolle. «Er bewarb sich für eine Stelle im Nachrichtendienst, und ich machte damals die Aufnahmeexamen und habe ihn eine Woche lang mit Fragen und Aufgaben ausgelastet.»
Winkler war sicherheitspolitischer Vordenker und Berater an verschiedenen Schaltstellen im Bundeshaus. Er ist voll des Lobes für Dussey, findet ihn perfekt geeignet für den Posten als NDB-Chef. «Er hat damals eine der besten Prüfungen gemacht, die wir je hatten.»
Nichts ist schädlicher, als wenn man einem Bundesrat, wenn er unter Druck steht, die Ohren vollschwafelt.
So wurde Dussey Analyst im Lagezentrum des Nachrichtendienstes. Nach fünf Jahren schlug er eine diplomatische Karriere ein. In einem Porträt in der Zeitung «Le Temps» begründete er den Schritt später damit, er wolle nicht nur analysieren, sondern auch handeln können.
Es folgten Stationen auf den Botschaften in Prag und Moskau. Dann kam er zurück nach Bern, wurde oberster Krisenmanager im Aussendepartement. Sein bekanntester Fall: die zwei Schweizer Geiseln, die 2011 in Pakistan von Terrorgruppen entführt worden waren.
Diese Erfahrung habe ihn zum idealen Führungsgehilfen für die Politik werden lassen. «Er versteht, dass je heisser die Situation ist, umso kühler muss der Kopf sein. Nichts ist schädlicher, als wenn man einem Bundesrat, wenn er unter Druck steht, die Ohren vollschwafelt. Man muss ihm helfen und ihn nicht davon überzeugen, irgendetwas zu tun.»
Dusseys und Winklers Wege kreuzen sich 2013 in Genf wieder. Dussey leitete das Zentrum für Sicherheitspolitik. Winkler war im Stiftungsrat. Dussey liess sein Büro zu einer Bibliothek umfunktionieren und hängte zwei Plakate auf: «Think» und «Act», Denken und Handeln. Das charakterisiere ihn, so Winkler: «Er denkt zuerst, dann handelt er. Andere handeln ohne zu denken oder denken etwas und machen nichts.»
Wie ein Auto, das neue Software braucht
Verändern muss Dussey die Arbeitskultur und Strukturen des NDB. Missstände wurden noch vor seinem Amtsantritt bekannt. Die Rede war von Mobbing und Sexismus. Die Mitarbeitenden werden nun in Ethik- und Diversity-Kurse geschickt. Dussey vergleicht den Umbau mit einem Auto, das eine neue Software braucht. «Wir haben einen Rennwagen, der aus dem Jahre 2010 stammt. Damals war die Fusion von DAP und SND.»
Der Wagen sei immer noch der gleiche. «Doch wir haben neue Prozesse eingeführt. Es gibt neue Mitarbeiter, neue Mitarbeiterinnen.» Es scheint, dass die Fusion des damaligen Auslandnachrichtendienstes SND und des polizeilich geprägten Inlanddienstes DAP immer noch nicht verdaut ist. Dussey muss also hier – getreu seinem Prinzip – zuerst einmal nachdenken und dann handeln.