Eigentlich gibt es mit dem Aargauer Andreas Glarner und dem Zürcher Alfred Heer zwei Kandidaten, die bereit sind, das Präsidium der SVP zu übernehmen. Beide sind Nationalräte und haben eine Kantonalpartei geführt – beides also Kandidaten mit Erfahrung und politischem Knowhow.
Und doch sucht die parteiinterne Findungskommission nach weiteren Kandidatinnen und Kandidaten. Das sei kein gutes Zeichen gegenüber den beiden Kandidaten Glarner und Heer, sagt dazu Politikwissenschaftler Georg Lutz von der Universität Lausanne. Man signalisiere ihnen, dass sie nicht genügten: «Es ist darum quasi ein Misstrauensvotum gegen die beiden.»
Daneben haben viele SVP-Politikerinnen und -Politiker wie etwa Marcel Dettling, Franz Grüter oder Magdalena Martullo für das Amt abgesagt. Man hat den Eindruck: Jene, die die Partei will, wollen nicht. Und jene, die wollen, will die Partei nicht unbedingt.
Dass die Partei in dieser wichtigen Frage zu keinem Entscheid kommt, ist ein schlechtes Omen gegen aussen.
Den Eindruck, dass die Präsidentensuche harzig verläuft, haben auch verschiedene langjährige Parteimitglieder und Amtsträger, etwa der ehemalige Bündner SVP-Nationalrat Heinz Brand: «Dass die Partei in dieser wichtigen Frage zu keinem Entscheid kommt, ist ein schlechtes Omen gegen aussen.»
Als grösste Partei des Landes gebe die SVP momentan kein gutes Bild ab. Statt noch lange weiterzusuchen, sollte man nun einen der beiden Kandidaten Heer und Glarner auswählen. Das sieht auch der ehemalige Thurgauer SVP-Ständerat Roland Eberle so: «Ich glaube nicht, dass noch ein starkes Bedürfnis besteht, nochmals eine Runde zu eröffnen.»
So wird auch Andreas Glarner ernsthaft als Kandidat in Betracht gezogen, obwohl er immer wieder provoziert. Jüngst hatte er sich über die ausländischen Namen von Lehrabgängern lustig gemacht und viel Kritik in der eigenen Partei ausgelöst.
Präsidium braucht Zeit – und Geld
Dass die Suche nach der idealen Kandidatur nicht so einfach ist, hat mehrere Gründe: Das Amt ist enorm aufwendig. Insbesondere die Anforderungen der Medien haben über die Jahre deutlich zugenommen: Heutzutage muss ein Präsident fast rund um die Uhr für Medienanfragen zur Verfügung stehen. Ein weiterer Faktor ist, dass die SVP ihrem Präsidenten keine Entschädigung zahlt. Man muss sich das Amt also auch überhaupt leisten können.
Hinzu kommt der Zustand der Partei. Die SVP hat die letzten Wahlen verloren und steckt in einem Formtief. Die Frage stelle sich, ob sie nun einen eher konzilianteren Präsidenten suchen solle, wie es der abtretende Albert Rösti ist, oder einen Scharfmacher wie Glarner, sagt Politgeograf Michael Hermann: «Etwas, was die SVP immer ausgezeichnet hat, waren geschlossene Fronten. Man stand klar zusammen. Jetzt ist es auch ein bisschen eine Richtungssuche. Man merkt der Partei an, dass sie sich nicht mehr sicher ist, wo der Erfolg liegt.»
Man merkt der Partei an, dass sie sich nicht mehr sicher ist, wo der Erfolg liegt.
Dabei steht für die SVP mit der Abstimmung über die Initiative gegen die Personenfreizügigkeit im Herbst ein wichtiger Termin an. Ein Zugpferd könnte sie also gut gebrauchen, so Hermann. Er denkt, die Partei hätte frühzeitig geeignete Nachfolger für Rösti aufbauen sollen: «Dass es sich nicht klar auf eine Person zuspitzt, ist ein Zeichen dafür, dass nicht mehr so viel Schwung in dieser Partei ist und dass man vorher zu wenig auf Nachwuchs gesetzt hat.»
Am 22. August können die Delegierten versuchen, neuen Schwung auszulösen, wenn sie entscheiden, mit wem die SVP in den Abstimmungsherbst und in die Zukunft geht.