Im Bundesrat werden zwei der begehrtesten Jobs frei: Derjenige des Finanzministers und der Energieministerin. Alle Parteien hätten ein Interesse daran, mindestens eines dieser Schlüssel-Departemente zu kontrollieren.
Neu vergeben werden die Posten in einer Sitzung nach der Bundesratswahl. Doch hinter verschlossenen Türen dürften die amtierenden Bundesrätinnen und Bundesräte schon jetzt Gespräche führen. Bei der Departementsverteilung spielt das Amtsalter zwar traditionell eine Rolle. Noch wichtiger sind aber Allianzen. Werden sich die Bundesräte nicht einig, entscheidet die Mehrheit. Und die Mehrheit im Bundesrat haben die Bürgerlichen.
Berset darf seinen Wunsch zuerst äussern
Alain Berset, dem Interesse am Finanzdepartement nachgesagt wird, darf zwar als amtsältester Bundesrat zuerst seinen Wunsch äussern. Das bedeutet aber nicht, dass dieser auch erfüllt wird. Adrian Vatter, Direktor des Instituts für Politikwissenschaft der Universität Bern, sagt: «Aus Sicht der Bürgerlichen wäre es das Worst Case-Szenario, wenn die Bundesfinanzen künftig in SP-Hand wären.» SVP und FDP, die gemeinsam vier Sitze stellen, dürften also versuchen, das zu verhindern. Und stattdessen FDP-Bundesrätin und Justizministerin Karin Keller-Sutter einen Wechsel ins Finanzdepartement zu ermöglichen.
Aus Sicht der Bürgerlichen wäre es das Worst Case-Szenario, wenn die Bundesfinanzen künftig in SP-Hand wären.
Wollen die Bürgerlichen ihre Mehrheit voll auskosten, könnten sie darüber hinaus einem SVP-Bundesrat das Energiedepartement (UVEK) zuteilen, das derzeit von SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga geführt wird. Das wäre ganz im Sinne der SVP, wie deren Stabschef Franz Grüter kürzlich gegenüber «Watson» betont hat. Nur: Soll dem Amtsalter immerhin teilweise Rechnung getragen werden, müsste es SVP-Bundesrat Guy Parmelin sein, der das UVEK übernimmt. Das gilt als unwahrscheinlich, weil Parmelin bereits einen Departementswechsel hinter sich hat.
Dazu kommt: In der Schweizer Kollegialregierung wird meist versucht, eine Lösung zu finden, die nicht nur den Interessen einer Seite Rechnung trägt. Zumal später alle sieben Bundesrätinnen und Bundesräte gemeinsam regieren müssen. Vatter sagt: «Aus Sicht der Sozialdemokraten wäre es am schlimmsten, wenn sie das Energie- und Umweltdepartement nicht nur abgeben müssten, sondern dieses zudem an die SVP ginge.»
Eine Kompromisslösung wäre, die Energie der Mitte-Bundesrätin Viola Amherd anzuvertrauen – während die Finanzen an Keller-Sutter gehen würden. Für die beiden neugewählten Regierungsmitglieder blieben dadurch das Verteidigungs- und das Justizdepartement übrig. Diese Posten gingen in der Vergangenheit oft an Bundesrats-Neulinge. Vatter hält dieses Szenario für wahrscheinlich.
Tausch zwischen Cassis und Berset?
Zusätzlich wäre aus Sicht des Politologen in diesem Szenario eine weitere Rochade denkbar: Innenminister Alain Berset und Aussenminister und FDP-Bundesrat Ignazio Cassis könnten die Plätze tauschen. «Berset hat nächstes Jahr als Bundespräsident viele Auslandreisen vor sich und war schon früher aussenpolitisch interessiert». Cassis könne zudem als Arzt und Public Health Experte ein Interesse daran haben, ins Innendepartement zu wechseln.
Berset hat nächstes Jahr als Bundespräsident viele Auslandreisen vor sich und war schon früher aussenpolitisch interessiert.
Bei diesem Tausch wäre aber auch Vorsicht geboten: Während das Amt als Aussenminister für Berset durchaus attraktiv sein könnte, hätte seine Partei kaum Freude am Wechsel - würde die SP dadurch doch gleichzeitig die beiden Schlüsseldepartemente Inneres und Energie verlieren.