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Oberster Ankläger in Pension True Crime war sein Alltag: Berner Generalstaatsanwalt tritt ab

Nach 30 Jahren als Staatsanwalt blickt Michel-André Fels auf grausame Verbrechen und tragische Unglücke zurück.

Er erlebte True Crime, das wahre Verbrechen, am eigenen Leib: Nach fast drei Jahrzehnten in der Strafverfolgung tritt Michel-André Fels als oberster Berner Generalstaatsanwalt ab. Seine Laufbahn war geprägt von kniffligen Kriminalfällen und schweren Unglücken, die nicht nur juristisch, sondern auch menschlich herausfordernd waren.

Diese Fälle haben Fels besonders erschüttert

Einer der prägendsten Momente in Fels' Karriere war das Canyoning-Unglück in der Saxetbach-Schlucht. Am 27. Juli 1999 wurde eine Gruppe von 45 Touristen und acht Guides von einer Sturzwelle erfasst. 21 Menschen starben. «Es war ein wunderschöner Tag, und plötzlich kam die Meldung. Ich musste sofort an die Unglücksstelle», erinnert sich Fels im Gespräch mit SRF.

Saxetbach
Legende: Todesfalle Canyoning: 21 Menschen starben beim Saxetbach-Unglück. Keystone/Alessandro della Valle

Besonders schockierend sei für ihn die Bergung der verunglückten Opfer gewesen, aus dem See, aus dem Saxetbach: «Man realisiert, wie fragil das Leben ist und wie schnell eine unbeschwerte Situation ins absolut Tragische kippen kann.»

Man realisiert, wie fragil das Leben ist.
Autor: Michel-André Fels Früherer Oberstaatsanwalt Kanton Bern

Die juristische Aufarbeitung dieses Unglücks sei äusserst komplex gewesen. «Man muss in einer Krise planen, Beweise sichern. Und gleichzeitig darüber nachdenken, wie man etwa mit den Angehörigen der Opfer umgeht», erklärt Fels. Am Ende wurden die Veranstalter der Canyoning-Tour wegen fahrlässiger Tötung verurteilt.

Entsetzliche Taten

Menschliche Tragödien erlebte Fels noch und noch. Besonders eingebrannt hat sich bei Fels der sogenannte «Callgirl-Mord» in Langenthal. Ein «psychisch gestörter» Täter hatte sein Opfer auf übelste Weise zugerichtet. «Eine entsetzliche Tat, so wie das Opfer zugerichtet wurde», erinnert sich Fels.

Täter
Legende: Das Obergericht verurteilte den Täter zu 20 Jahren Haft, aber nicht zu einer Verwahrung. SRF/Erika Bardakci-Egli

Der Mann hatte am Abend über einen Escortservice eine Frau nach Langenthal bestellt. Darauf lotste er sie zum Parkplatz der örtlichen Sportanlage, wo er sie würgte, schlug und missbrauchte. Dann stopfte er dem Opfer Steine in Körperöffnungen, behändigte das Geld der Frau und liess den leblosen Körper im Lichtschacht zurück.

«Das hat mich hart an meine Grenzen gebracht», sagt Fels. Das Obergericht verurteilte den Täter zu einer Freiheitsstrafe von 20 Jahren.

Staatsanwalt
Legende: Nach fast drei Jahrzehnten in der Strafverfolgung verlässt Michel-André Fels die Bühne als Generalstaatsanwalt des Kantons Bern. SRF/Dominik Meienberg

Ebenso prägend sei der Fall eines Leichenfunds im Thunersee gewesen. «Ein Straftäter hielt sein Opfer lange in seiner Gewalt, bevor er es tötete und entsorgte. Menschlich ein absolut schockierender Fall», führt Fels aus.

Der Mann hatte seine Sexpartnerin über einen längeren Zeitraum eingesperrt. Später habe er sie im Fahrzeug «von Angesicht zu Angesicht» erdrosselt, um sich an ihren Qualen zu erregen und sie anschliessend bei Gunten BE im See zu versenken. Das Obergericht verurteilte den Angeklagten im Februar 2025 zu einer Freiheitsstrafe von 20 Jahren

Thunersee
Legende: Ein Mann versenkte eine Frau im Thunersee, nachdem er sich an ihren Qualen erregt hatte. Keystone/Peter Schneider

Trotz all der Grausamkeiten betont Fels, dass er als abtretender Staatsanwalt keine «offenen Rechnungen» habe. «Sicher gibt es Urteile, bei denen man sich eine härtere Strafe wünschen würde. Doch das Rechtssystem muss auf Beweisen basieren, und ich kann mit allen Entscheidungen leben.»

Nun sind also die Zeiten vorbei, in denen sich die Leute täglich an Michel-André Fels wenden. «Der Austausch mit dem Team, das geistige Pingpong nährte mich. Das fällt nun weg, das bedaure ich.»

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 3.4.2025, 6.31 Uhr ; 

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