Wie geläufig war Ihnen vor der Pandemie der Job des Kantonsarztes oder der Kantonsärztin? Corona hat dieses Amt ins Scheinwerferlicht gerückt. Und so wurde auch Martin Vaso, der seit Mitte Februar Schaffhauser Kantonsarzt ist, mit Interviewanfragen überhäuft.
«Ich hätte das so nicht erwartet», gibt Vaso zu. «Aber», fährt der Arzt fort, «es gehört zu diesem Job, während der Pandemie in der Öffentlichkeit zu stehen und das begründete Interesse der Bevölkerung wahrzunehmen.»
Steile Karriere in jungen Jahren
Obwohl Martin Vaso mit seinen 43 Jahren einer der jüngsten Kantonsärzte der Schweiz ist, hat er bereits eine steile Karriere hinter sich. Vaso ist Arzt. Er ist Rechtsanwalt. Und er hat sechs Jahre lang beim Fussball-Weltverband Fifa gearbeitet: als oberster Personalchef und Leiter der medizinischen Abteilung.
Auf seine Zeit bei der Fifa möchte Martin Vaso im Interview nicht eingehen. Auch Privates erfährt man von ihm wenig. Als Rechtsanwalt habe er diesbezüglich schon schlechte Erfahrungen gemacht, begründet Vaso seine Zurückhaltung.
Zu seiner Karriere sagt Vaso, die persönliche Neugier habe ihn immer angetrieben: «Später im Altersheim möchte ich sagen können, dass ich in meinem Leben gemacht habe, was mich interessiert hat.»
In der Rechtswissenschaft habe es ihn fasziniert, Fälle zu lösen. Analog zu einem Rätsel. «Und bei der Medizin geht es wirklich ums Leben», fährt Martin Vaso fort und fügt beispielhaft an: «Wieso vermehren sich Zellen? Wieso gibt es das Leben und weshalb den Tod?» Solche Fragen hätten ihn angetrieben.
Bonuspunkt Rechtsanwalt
Um den Job als Schaffhauser Kantonsarzt hat sich der Zürcher regulär beworben. Die Kombination aus Rechtsanwalt und Arzt habe ihm in die Hände gespielt, sagt der Schaffhauser Gesundheitsdirektor Walter Vogelsanger. «Man ist mit vielen rechtlichen Fragestellungen konfrontiert», so der Chef des neuen Kantonsarztes, «und gleichzeitig braucht man die medizinische Expertise für Beurteilungen».
Martin Vaso arbeitet als Kantonsarzt 40 Prozent und stockt im Sommer auf ein 50-Prozent-Pensum auf. Er teilt sich die Aufgabe mit der stellvertretenden Kantonsärztin Elke Lenz-Agnes. Sein Amt definiert Vaso denn auch als «Teamwork». Man müsse sich mit vielen Ämtern, Berufsgruppen und Menschen mit unterschiedlichen Inputs austauschen. «Mein Job liegt darin, in diesen Teams zu vermitteln», sagt Martin Vaso, «und wo nötig Verantwortung zu übernehmen».
Auf die Verantwortung verweist auch sein Berufskollege Rudolf Hauri, der oberste Kantonsarzt der Schweiz. Laut Hauri ist die grösste Herausforderung, die ein Kantonsarzt während der Pandemie hat, «das Bewahren des Überblicks im Spannungsfeld von Fakten, Behauptungen, Wünschen, Mach- und Tragbaren».
Als Arzt eher auf der warnenden Seite
Hat Vaso diesen Überblick? Er verschaffe ihn sich derzeit, antwortet er darauf. Die politischen Spannungen, die zu seinem neuen Posten gehören, hat er bereits zu spüren bekommen. Als oberster Mediziner des Kantons berät Vaso die Schaffhauser Regierung. Diese fordert vom Bund schnellere Lockerungen der Corona-Massnahmen.
Er verstehe die wirtschaftliche Not vieler Menschen, sagt Vaso. Doch er schliesst auch eine dritte Welle nicht aus und ist skeptisch vor zu grosser Euphorie. Als Arzt gehöre er eher zu der warnenden Seite.