Wer Mitglied einer Kirche ist, muss jedes Jahr Kirchensteuern bezahlen. Das Gleiche gilt für Unternehmen – obwohl sie gar keiner Kirchengemeinschaft angehören. Doch im Unterschied zu Privatpersonen können Unternehmen nicht aus der Kirche austreten und sich von den Steuern befreien lassen. Und dieser Umstand führt immer wieder zu Kritik.
Zwar hält die Mehrheit der Kantone bisher an der Kirchensteuer für Firmen fest – nur fünf Kantone haben die abgeschafft, in zweien ist sie freiwillig. Trotzdem wird sie regelmässig infrage gestellt.
So zum Beispiel im Berner Kantonsparlament: FDP-Grossrat Carlos Reinhard hat einen entsprechenden Vorstoss eingereicht. Er fordert, dass Unternehmen – gleich wie Privatpersonen – selbst entscheiden können, ob sie die Kirche unterstützen wollen oder nicht. So wie das bereits im Tessin und in Neuenburg der Fall ist.
Ungerecht für andere soziale Organisationen
Von der Freiwilligkeit erhofft er sich auch mehr Gleichberechtigung unter den sozialen Organisationen: «Nicht nur die Kirche engagiert sich sozial, es gibt auch andere Organisationen, die viel für die Gesellschaft leisten und kein Geld von Unternehmen bekommen.»
Nun – um wie viel Geld geht es eigentlich? Laut Regierungsrat haben die Kirchgemeinden im Kanton Bern 2021 knapp 37 Millionen Franken Steuergelder von Unternehmen erhalten. Die Regierung ist der Meinung, dass die Kirche finanziell nicht in Schieflage gerät, wenn dieser Betrag wegfällt.
Die Landeskirche ist sehr nahe am Menschen und agiler als der Staat.
Gegen die Abschaffung ist Grünen-Grossrätin Nora Soder: «Die Landeskirche fängt vieles auf, sie ist sehr nahe am Menschen und agiler als der Staat.»
Schwammige Trennung zwischen Kirche und Staat
Fakt ist, dass sich die religiöse Landschaft im Kanton Bern in den letzten Jahrzehnten stark verändert hat: 38 Prozent der Bevölkerung sind entweder konfessionslos oder gehören einer Religionsgemeinschaft an, die keine Landeskirche ist.
Mitte-Grossrat Philip Kohli sagt: «Wir sprechen stets von einer Trennung zwischen Kirche und Staat. Aber bei den Kirchensteuern bevorzugen wir die Landeskirchen gegenüber anderen Religionsgemeinschaften – also trennen wir nicht ganz.»
Wir trennen nicht ganz zwischen Kirche und Staat.
Trotzdem: Das Berner Kantonsparlament will das Geld von Unternehmen nicht sofort streichen. Vielmehr haben sich Parteien von links bis rechts darauf geeinigt, dass der Regierungsrat vorerst einen Bericht ausarbeitet – über die Folgen, welche eine Abschaffung hätte.
Zweifel, aber zu schwache
Auch die Kantonsparlamente von Thurgau und Schwyz haben im letzten Jahr über eine freiwillige Kirchensteuer für Unternehmen diskutiert, aber sich letzten Endes für eine Beibehaltung entschieden. Das Hauptargument: Kirchen würden vielfältige Leistungen für die ganze Gesellschaft erbringen – oft ehrenamtlich. Müsste der Kanton diese Aufgaben übernehmen, käme ihn dies teurer zu stehen.
Zusammengefasst kann man sagen: Die Zweifel, ob Kirchensteuern für Firmen noch zeitgemäss sind, halten sich hartnäckig. Gleichzeitig halten die meisten Kantone ein ums andere Mal daran fest.