Die Omikron-Variante sorgt für rekordhohe Fallzahlen und trifft auch geimpfte Personen. Sind Reihentests in Schulen noch sinnvoll? Dagmar Rösler, Präsidentin des Dachverbandes Lehrerinnen und Lehrer Schweiz, schätzt die Situation in den Schulen ein.
SRF News: Zehntausende Menschen infizieren sich tagtäglich in der Schweiz mit Omikron – auch viele geimpfte und geboosterte. Machen da Reihentests in den Schulen überhaupt noch Sinn? Ist das nicht ein Tropfen auf den heissen Stein?
Dagmar Rösler: Grundsätzlich machen Reihentests in den Schulen noch Sinn, weil man so Ausbrüche beziehungsweise infizierte Personen sehr schnell erkennen kann. Selbstverständlich ist aber die Voraussetzung, dass genügend Ressourcen vorhanden sind und die Testzentren noch nachkommen. Dies funktioniert momentan nicht überall. Ob sich in diesem Fall der Aufwand in den Schulen noch lohnt, wenn die Testresultate zu spät kommen, ist tatsächlich eine berechtigte Frage.
Was wäre die Alternative, wenn die Testkapazitäten überlastet sind?
Dann würde das Maskentragen und das Lüften der Klassenzimmer noch wichtiger werden. Die Kantone Graubünden und Aargau beispielsweise setzen bereits nicht mehr auf die Reihentests. Denn wenn man drei Tage auf die Testresultate warten muss, sind die Reihentests tatsächlich vergebene Mühe.
Wenn man drei Tage auf die Testresultate warten muss, sind die Reihentests tatsächlich vergebene Mühe.
Grundsätzlich sind die Tests aber immer noch sinnvoll, weil sie verhindern, dass ganze Klassen in Quarantäne müssen. Ausserdem bilden sie die Situation in den Klassen ab und entspannen die Lage. Und wenn wir die aktuell hohen Fallzahlen beobachten, können wir in der Schule nicht einfach nichts machen.
Gibt es neben den Reihentests noch andere Strategien, um das Virus einzudämmen?
Seit Beginn der Pandemie sprechen wir von CO2-Messgeräten in Schulen, damit die Schulzimmer effizienter gelüftet werden können. Da hätte man meines Erachtens viel mehr machen können. Vielleicht hat man den Nutzen davon zu wenig ernst genommen, oder gedacht, dass es auch ohne geht. Wirklich umsetzen müssten es dann die Gemeinden, weil die Infrastruktur in ihrer Verantwortung steht.
Wie hoch waren die Infektionen in den Schulen vergangene Woche?
Da höre ich unterschiedliche Stimmen. Der Kanton Solothurn beispielsweise hat angesichts der hohen Fallzahlen für kommenden Montag das freiwillige Testen zu einem obligatorischen umgewandelt. Im Kanton Baselland, wo alle Schüler Anfang Schulstart getestet wurden, war jeder siebte Pool positiv. Deshalb würde ich sagen, dass die Fallzahlen in den Schulen so hoch sind wie im Rest der Bevölkerung.
Ich denke, es dauert nicht mehr lange und dann ist das System wieder überhitzt wie vor den Weihnachtsferien.
Wie sieht es beim Lehrermangel aus, gibt es tatsächlich so viele Ausfälle wegen Omikron?
Ja, denn wenn von heute auf morgen in einem Team zwei bis drei Lehrerinnen und Lehrer ausfallen, ist man dauernd in einem Notaggregat, wie die Stunden gefüllt werden können. Da sind auch die Schulleitungen extrem gefordert.
Viele Schulen haben im Hintergrund Stellvertretungen, die in solchen Krankheitsfällen einspringen. Doch wie ich immer wieder aus den Schulen höre, sind die bereits alle im Einsatz. Ich denke, es dauert nicht mehr lange und dann ist das System wieder überhitzt wie vor den Weihnachtsferien.
Seit Donnerstag gilt die verkürzte Isolations- und Quarantänefrist von fünf Tagen. Welche Richtlinien gelten da für die Lehrkräfte?
Momentan gelten die Regeln des Bundesrats, das heisst seit 48 Stunden symptomlose Lehrpersonen dürfen nach fünf Tagen die Isolation verlassen und wieder unterrichten. Dies hat auch mit den aktuellen Umständen zu tun, dass wir viel zu wenig Lehrpersonen haben. Ich gehe davon aus, dass sich auch die Schulen an die aktuellen Regeln halten müssen. Aber ich denke, dass Schulen verschiedene Szenarien haben, in welchen je nach Altersstufe Lehrpersonen auch von zu Hause aus den Unterricht über Videoportale weiterführen können.
Bald beginnen die Sportferien, einige Kantone haben jedoch Skilager bereits abgesagt. Wären Sie dafür, dass sämtliche Skilager abgesagt werden?
Das ist eine schwierige Frage. Ich verstehe durchaus, dass Skilager wieder abgesagt wurden. Auf der anderen Seite ist es bereits das zweite Jahr, in welchem Schülerinnen und Schüler nicht in die Skilager können. Für Kinder und Jugendliche sind das wichtige Wochen für den Klassenzusammenhalt.
Ich habe von Kantonen gehört, die Skilager nicht verbieten, es aber den Schulen überlassen, diese Entscheidung zu fällen. Ich finde, da lässt man die Schulen ein wenig alleine. Eine gemeinsame Strategie der Kantone wäre hier angebracht. Wichtig fände ich es, dass gemeinsame Erlebnisse unter den nötigen Schutzvorkehrungen noch möglich wären.
Das Gespräch führte Saya Bausch.