Kleine Masken auf kleinen Gesichtern, das war das Bild am Montag zum Schulstart im Kanton Bern. Bereits ab der ersten Klasse müssen die Schülerinnen und Schüler Masken tragen – so will die Regierung die Ausbreitung des Coronavirus in den Schulen verhindern.
Einigen Eltern stösst dies sauer auf, sie finden diese Regelung unzumutbar für die Kinder. Ihre Reaktion: Lieber nehmen sie die Kinder aus der Schule und unterrichten sie selbst.
Viele Anfragen von besorgten Eltern
«Täglich gibt es solche Anfragen», bestätigt der Sprecher der Berner Bildungsdirektion, Yves Brechbühler, gegenüber dem Regionaljournal Bern Freiburg Wallis von Radio SRF. «Das gab es sonst nicht, das ist neu.» Für ihn ist die Maskenpflicht ab der 1. Klasse eindeutig der Grund für diese Zunahme. Konkrete Gesuche für das Homeschooling stünden noch aus, doch das Interesse am Heimunterricht wächst spürbar.
Auch beim Verein «Bildung zu Hause», der sich nicht erst seit der Pandemie fürs Homeschooling stark macht, gibt es aktuell viele Anfragen: «Ja, wir spüren die Nachfrage», erklärt Präsidentin Thirza Schneider. «Wie kann man das Kind aus der Schule nehmen? Was sind die Vorgaben des Kantons? Diese Fragen beschäftigen aktuell sehr.» Oft müsse man den Eltern aber mitteilen, dass das Heimunterrichten im Kanton Bern keine einfache Angelegenheit ist, die rasch über die Bühne geht.
Es ist nicht realistisch, das Kind sofort aus der Schule nehmen zu können.
Es braucht eine Bewilligung, eine begleitende Lehrperson, einen Lehrplan. «Es dauert mindestens drei bis sechs Monate, bis das Kind wirklich zu Hause unterrichtet werden kann», so Thirza Schneider. «Deshalb ist es nicht sehr realistisch, das Kind sofort aus der Schule zu nehmen.»
Bern ist kein Einzelfall
Auch in anderen Kantonen gilt bereits ab der ersten Klasse eine Maskenpflicht, zum Beispiel in Zürich, in den beiden Basel, im Aargau oder in Luzern. Wollen auch dort mehr Eltern ihre Kinder zu Hause unterrichten? Teilweise ja. Das Interesse an Homeschooling steigt, die Gründe dafür sind allerdings verschieden und nicht immer klar benennbar.
Der Föderalismus macht die Zahlen schwer vergleichbar. Eine steigende Nachfrage nach Homeschooling gibt es aber vielerorts: Im Aargau stellte der Kanton ebenfalls eine Zunahme fest – das schrieb die Aargauer Zeitung am Montag. Jedoch steigen die Zahlen bereits seit einigen Jahren an, doch seien in den letzten Wochen «zahlreiche Anfragen betreffend Homeschooling eingegangen», sagte die Departementssprecherin in der AZ. Einige davon stünden in direktem Zusammenhang mit der erweiterten Maskentragpflicht.
In Zürich wurden seit September 2021 etwa doppelt so viele Kinder zu Hause unterrichtet, als vor der Pandemie, berichtete das Regionaljournal Zürich Schaffhausen. Nun nahm die Zahl nochmal leicht zu, bestätigt das Volksschulamt. Dazu muss man aber auch wissen, dass im Kanton Zürich die Hürden für Privatunterricht tiefer liegen als in anderen Kantonen: Es besteht keine Bewilligungs-, nur eine Meldepflicht.
Auch im Kanton Luzern stieg die Nachfrage nach Homeschooling, allerdings ebenfalls bereits vor der Einführung der Maskenpflicht. Seit letztem Schuljahr wurden 17 Prozent mehr Kinder zu Hause unterrichtet, bestätigt das Bildungsdepartement.
Die meisten Schulkinder sind nach den Weihnachtsferien ins Schulzimmer zurückgekehrt. Trotz Maskenpflicht. Nicht allen Eltern ist wohl dabei. Auch wenn das Unterrichten des eigenen Kindes zu Hause eine komplizierte und langwierige Angelegenheit ist – das Interesse am Homeschooling steigt.