Sie kommen mit dem Zug – am Morgen um 9 Uhr fährt der Nachtzug aus Österreich im Bahnhof Buchs ein. Schweizer Grenzwächter kontrollieren die Passagiere. Rund 30 Migranten sind es täglich, die ohne Pass einreisen. Ihr Profil: jung, männlich, aus Afghanistan, mit österreichischen Asylpapieren. Ihr Reiseziel ist Frankreich.
Nach ersten Abklärungen zu Personalien und ihrem Gesundheitszustand werden die jungen Männer mit einem Bus ins Bearbeitungszentrum in Buchs gebracht. Dort durchlaufen sie die administrativen Verfahren – innert 24 Stunden soll das erledigt sein.
Im Wartezimmer stehen Festbänke, es hängt eine Schweizer Fahne an der Wand, es gibt W-LAN. «Die jungen Männer sind mehrheitlich gesund und sehr anständig», sagt Gesamteinsatzleiter Simon Bless von der Kantonspolizei St. Gallen. Sie hätten kein Gepäck, nur etwas Geld und ein Handy. Viele seien müde von der Reise, unsicher und seien auch einen anderer Umgang von uniformierten Beamten gewohnt.
Die aufgegriffenen Migranten werden einzeln durch den Prozess geschleust. Leibesvisitation, Personalien und – wichtigste Station – Fingerabdrücke. Diese werden mit der internationalen Datenbank Eurodac abgeglichen. So wird unter anderem geklärt, wo sie bereits Asyl beantragt haben. Die meisten eben in Österreich.
Ein Stockwerk höher gibt es acht abgetrennte Abteile für Befragungen – drei Stühle, ein Bildschirm, an der Wand hängen zwei Fotos von der Schweizer Natur. Der anwesende Dolmetscher ist selbst vor vielen Jahren aus Afghanistan geflüchtet. Für das Bearbeitungszentrum hat er nur Lob, das Zentrum biete Zuflucht: «Die Leute nehmen sich Zeit für die verängstigten, jungen Männer».
Sorgen bereitet ihm, dass die afghanischen Migranten alle nach Frankreich wollen: «Sie werden es bereuen», sagt der Dolmetscher. Auch Frankreich werde ihnen kein Asyl gewähren, weil sie schon in Österreich einen Antrag gestellt haben.
Erfasst und weg
Die Schweizer Behörden starten im Bearbeitungszentrum Buchs das Rückführungsverfahren. Bis zu einer Rückführung kommt es allerdings kaum. Die Geflüchteten reisen weiter. «Wir können sie aus rechtlichen Gründen nicht inhaftieren», sagt Gesamteinsatzleiter Simon Bless.
Das Bearbeitungszentrum im St. Gallischen Buchs wurde also im Wissen errichtet, dass kaum jemand bis zur Rückführung wartet. Ein teurer Leerlauf? Das sei nicht an ihm, das zu bewerten, sagt Simon Bless, das sei Aufgabe der Politik.
Solange das Abkommen mit Österreich nicht in Richtung schnellerer Rückübernahme geändert wird, bleibt den Schweizer Behörden nichts weiter übrig, als jeden Morgen rund 30 Migranten am Bahnhof Buchs abzuholen, sie durch die Prozesse im Bearbeitungszentrum zu schicken, in eine Notunterkunft zu fahren und zu sehen, wie sie danach weiterziehen.