Auf dem Parkplatz des Gemeindezentrums in Bad Zurzach stehen mehrere Fahrzeuge der Kantonspolizei, der Samaritervereine, der Feuerwehr und des Bevölkerungsschutzes. Grund für das Grossaufgebot ist aber nicht etwa ein Notfall, sondern die schweizweit erste «Sicherheitsveranstaltung Bevölkerungsschutz».
Am Orientierungstag müssen im Aargau seit Januar Frauen sowie niedergelassene Ausländerinnen und Ausländer teilnehmen, die in diesem Jahr 23 Jahre alt werden. So will der Kanton mehr Leute für den Zivilschutz, aber auch für Samaritervereine, die Polizei und die Feuerwehr rekrutieren.
Zivilschutz sucht dringend Personal
Denn es herrscht Personalmangel. Das zeigt sich eindrücklich beim Zivilschutz. Die Zahl der Mitglieder ist in den letzten fünf Jahren regelrecht eingebrochen – vor allem seit 2021. Mit der Änderung des Zivilschutzgesetzes wurde die Dienstzeit damals von 20 auf 14 Jahre verkürzt.
Im Aargau ist die Zahl der Zivilschützerinnen und Zivilschützer in den letzten fünf Jahren von fast 8000 auf rund 4500 gesunken. Das ist eine Abnahme von knapp 44 Prozent. Der Bund geht davon aus, dass bis 2030 alle Kantone einen Unterbestand beim Zivilschutz haben werden.
Während der Bund noch dabei ist, Lösungen zu finden, ist der Kanton Aargau vorgeprescht. Das Kantonsparlament hatte nach hitziger Debatte der Einführung eines obligatorischen Informationsanlasses per Januar 2024 zugestimmt. Obligatorisch heisst: Wer unentschuldigt fernbleibt, wird mit 500 Franken gebüsst.
Positives Feedback am ersten Anlass
Rund 30 Frauen und Ausländer sind in Bad Zurzach am ersten dieser Sicherheitstage anzutreffen – also jene Personen, die in der Schweiz nicht wehrpflichtig sind. Über die Hälfte der Eingeladenen hat sich abgemeldet. Sie müssen einen der anderen Anlässe besuchen.
«Den Unterbestand beim Zivilschutz komplett aufzustocken, ist unrealistisch», betont Martin Hitz, Leiter der Abteilung Militär und Bevölkerungsschutz beim Kanton Aargau. «Aber vielleicht können wir so die Lücke ein bisschen schliessen.» Der Anlass soll vor allem das Interesse der Teilnehmenden wecken.
Eine Umfrage unter den Teilnehmenden zeigt, dass die Präsentationen und Vorträge gut vorankommen. «Ich habe viel gelernt», sagt zum Beispiel Abdullah Gökdemir. Er kann sich jetzt sogar vorstellen, sich für den Zivilschutz oder die Feuerwehr anzumelden. «Warum nicht?», sagt er.
Auch Lea Chiara Hubak ist beeindruckt davon, wie viel hinter den Organisationen steckt, die am Anlass ihre Arbeit präsentiert haben. Sich anzumelden, kommt für sie aber trotzdem nicht infrage. Anders bei Salomé Alexandra Lerf. Bei ihr hat der Anlass Interesse an der Feuerwehr geweckt.
Bund und Kantone suchen nach Lösungen
Auch in anderen Kantonen ist der Zivilschutz ein Thema. Das Zuger Parlament hat gestern der Einführung einer obligatorischen Sicherheitsveranstaltung zugestimmt. Im Kanton Luzern prüft die Regierung ein entsprechendes Obligatorium. Auch der Berner Regierungsrat hat sich kürzlich für eine obligatorische Sicherheitsveranstaltung ausgesprochen.
Ob die Veranstaltungen im Aargau den erwünschten Erfolg bringen, ist noch offen. Gemäss Hochrechnungen der Regierung sollen pro Jahr rund 3800 Personen an der Sicherheitsveranstaltung teilnehmen. Die Durchführung kostet jährlich 277'000 Franken. In vier Jahren will die Regierung auswerten, ob die Massnahme den gewünschten Erfolg bringt.