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Personalmangel im Zivilschutz Frauen und Ausländer rücken zu Informationsveranstaltung ein

Als schweizweit erster Kanton müssen im Aargau auch nicht wehrpflichtige Personen an einem Orientierungstag teilnehmen.

Auf dem Parkplatz des Gemeindezentrums in Bad Zurzach stehen mehrere Fahrzeuge der Kantonspolizei, der Samaritervereine, der Feuerwehr und des Bevölkerungsschutzes. Grund für das Grossaufgebot ist aber nicht etwa ein Notfall, sondern die schweizweit erste «Sicherheitsveranstaltung Bevölkerungsschutz».

Sicherheitsveranstaltung umstritten

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Nicht nur diverse Parteien äusserten sich im Vorfeld kritisch zum obligatorischen Informationsanlass. Auch rechtlich gesehen ist das Vorgehen umstritten.

In der Vergangenheit hat bereits die zuständige Regierungskonferenz Militär, Zivilschutz und Feuerwehr aller Kantone diese Idee diskutiert und verworfen.

Damals zeigte ein Rechtsgutachten, dass ein obligatorischer Orientierungstag für nicht wehrpflichtige Personen eine Verfassungsänderung auf Bundesebene bräuchte. Das Obligatorium stellt laut Gutachten einen Eingriff in die persönliche Freiheit dar.

Im Aargau sieht man das anders: Die Pflichten von Bürgerinnen und Bürgern könne man auch auf kantonaler Ebene regeln, sagte das zuständige Departement damals. Im Aargau gäbe es auch eine Feuerwehr-Dienstpflicht für alle niedergelassenen Einwohnerinnen und Einwohner.

Am Orientierungstag müssen im Aargau seit Januar Frauen sowie niedergelassene Ausländerinnen und Ausländer teilnehmen, die in diesem Jahr 23 Jahre alt werden. So will der Kanton mehr Leute für den Zivilschutz, aber auch für Samaritervereine, die Polizei und die Feuerwehr rekrutieren.

Zivilschutz sucht dringend Personal

Denn es herrscht Personalmangel. Das zeigt sich eindrücklich beim Zivilschutz. Die Zahl der Mitglieder ist in den letzten fünf Jahren regelrecht eingebrochen – vor allem seit 2021. Mit der Änderung des Zivilschutzgesetzes wurde die Dienstzeit damals von 20 auf 14 Jahre verkürzt.

Im Aargau ist die Zahl der Zivilschützerinnen und Zivilschützer in den letzten fünf Jahren von fast 8000 auf rund 4500 gesunken. Das ist eine Abnahme von knapp 44 Prozent. Der Bund geht davon aus, dass bis 2030 alle Kantone einen Unterbestand beim Zivilschutz haben werden.

Zwei Zivilschützer stehen an einem Fluss, der braunes Hochwasser führt.
Legende: Der Zivilschutz kommt unter anderem bei Katastrophen und Notlagen zum Einsatz, so wie 2015 bei einem Hochwasser in Aigle (VD). Aber auch bei Grossanlässen oder für Betreuungsaufgaben kann der Zivilschutz aufgeboten werden. Keystone/Maxime Schmid

Während der Bund noch dabei ist, Lösungen zu finden, ist der Kanton Aargau vorgeprescht. Das Kantonsparlament hatte nach hitziger Debatte der Einführung eines obligatorischen Informationsanlasses per Januar 2024 zugestimmt. Obligatorisch heisst: Wer unentschuldigt fernbleibt, wird mit 500 Franken gebüsst.

Positives Feedback am ersten Anlass

Rund 30 Frauen und Ausländer sind in Bad Zurzach am ersten dieser Sicherheitstage anzutreffen – also jene Personen, die in der Schweiz nicht wehrpflichtig sind. Über die Hälfte der Eingeladenen hat sich abgemeldet. Sie müssen einen der anderen Anlässe besuchen.

«Den Unterbestand beim Zivilschutz komplett aufzustocken, ist unrealistisch», betont Martin Hitz, Leiter der Abteilung Militär und Bevölkerungsschutz beim Kanton Aargau. «Aber vielleicht können wir so die Lücke ein bisschen schliessen.» Der Anlass soll vor allem das Interesse der Teilnehmenden wecken.

Ein Schulungsraum, Blick auf eine Leinwand, mehrheitlich Frauen sitzen auf Holzstühlen.
Legende: Pflichtanlass: An der ersten Sicherheitsveranstaltung nahmen rund 30 Frauen und Ausländer teil. Sie sollen dafür sorgen, dass der Zivilschutz und andere Organisationen mehr Personal haben. SRF/Alex Moser

Eine Umfrage unter den Teilnehmenden zeigt, dass die Präsentationen und Vorträge gut vorankommen. «Ich habe viel gelernt», sagt zum Beispiel Abdullah Gökdemir. Er kann sich jetzt sogar vorstellen, sich für den Zivilschutz oder die Feuerwehr anzumelden. «Warum nicht?», sagt er.

Zwei Männer stehen an einem Tisch und erklären vier Frauen etwas mit Hilfe von Kärtchen.
Legende: Mitglieder des Zivilschutzes, der Feuerwehr, der Polizei und der Samaritervereine zeigen am Informationstag auf, wie ihr Alltag aussieht und welche Aufgaben sie haben. SRF/Alex Moser

Auch Lea Chiara Hubak ist beeindruckt davon, wie viel hinter den Organisationen steckt, die am Anlass ihre Arbeit präsentiert haben. Sich anzumelden, kommt für sie aber trotzdem nicht infrage. Anders bei Salomé Alexandra Lerf. Bei ihr hat der Anlass Interesse an der Feuerwehr geweckt.

Bund und Kantone suchen nach Lösungen

Auch in anderen Kantonen ist der Zivilschutz ein Thema. Das Zuger Parlament hat gestern der Einführung einer obligatorischen Sicherheitsveranstaltung zugestimmt. Im Kanton Luzern prüft die Regierung ein entsprechendes Obligatorium. Auch der Berner Regierungsrat hat sich kürzlich für eine obligatorische Sicherheitsveranstaltung ausgesprochen.

So will der Bund helfen

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Anfang Mai hat der Bundesrat Lösungsvorschläge zur Bekämpfung des Personalmangels im Zivilschutz zuhanden des Parlaments verabschiedet.

Einerseits schlägt der Bundesrat eine Ausweitung der Schutzdienstpflicht vor. Militärdienstpflichtige, die bis zum 25. Altersjahr keine Rekrutenschule besucht haben und aus der Armee entlassen werden, sollen neu schutzdienstpflichtig werden.

Ausserdem sollen Schutzdienstpflichtige künftig auch in anderen Kantonen Einsatz leisten, um Unterbestände in gewissen Regionen aufzufangen. Umstritten ist ein weiterer Vorschlag des Bundesrats: In Kantonen mit Unterbestand sollen Zivildienstpflichtige auch im Zivilschutz eingesetzt werden können.

Ob die Veranstaltungen im Aargau den erwünschten Erfolg bringen, ist noch offen. Gemäss Hochrechnungen der Regierung sollen pro Jahr rund 3800 Personen an der Sicherheitsveranstaltung teilnehmen. Die Durchführung kostet jährlich 277'000 Franken. In vier Jahren will die Regierung auswerten, ob die Massnahme den gewünschten Erfolg bringt.

Regionaljournal Aargau Solothurn, 24.5.24, 17.30 Uhr ; 

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