Geht es nach dem Präsidenten der Mitte-Partei, soll die Schweizer Stimmbevölkerung über eine Schutzklausel bei der Personenfreizügigkeit abstimmen können. Und zwar noch bevor der Bundesrat einen Vertrag mit der EU abschliesst. Das sagte er vor einigen Tagen in einem «NZZ»-Interview. Ob die EU diese Vorgehensweise akzeptieren würde, steht allerdings in den Sternen. Im Gespräch erklärt Gerhard Pfister, was er mit seinem Vorschlag bezweckt.
SRF News: Herr Pfister, ist Ihre Forderung mehr als eine Provokation?
Der Vorschlag widerspiegelt den Kurs der Mitte. Wir haben schon früher eine Schutzklausel für die Schweiz bei der Personenfreizügigkeit gefordert, erfolglos. Jetzt kommt die SVP mit einer neuen Initiative, die die Einwanderung strikt beschränken will und damit die bilateralen Verträge mit der EU gefährdet. Darauf brauchen wir eine innenpolitische Antwort.
Aber der Zeitpunkt ist provokativ, die Verhandlungen mit der EU sind in der heissen Phase – was Sie fordern, könnte dafür kontraproduktiv sein.
Im Gegenteil. Ich glaube, es ist wichtig, der EU immer wieder zu erklären, dass die Schweiz andere Entscheidungsmechanismen hat. Bei uns sind Verhandlungen erst abgeschlossen, wenn das Volk ihnen zugestimmt hat. Deshalb muss die EU auch anerkennen, dass die Schweiz als Insel in Europa, mit einer verhältnismässig hohen Attraktivität, spezifische Herausforderungen hat, insbesondere die Zuwanderung.
Der EU wird eine flexiblere Regulierung bei der Personenfreizügigkeit lieber sein als eine strikte Umsetzung der SVP-Initiative.
Auch der Bundesrat versucht, eine Schutzklausel bei der Personenfreizügigkeit zu verhandeln – allerdings nicht einseitig, sondern einvernehmlich mit der EU. Ist das nicht zielführender?
Wenn der Bundesrat eine solche Vereinbarung mit der EU erreicht, können wir schauen, was sie wert ist und ob sie wirklich geeignet ist, die Zuwanderung zu steuern. Wenn nicht, dann gehe ich davon aus, dass die Initiative der SVP Erfolgschancen hat. Wenn die EU zwischen den beiden Optionen abwägt, dann denke ich, wird ihr eine flexiblere Regulierung bei der Personenfreizügigkeit lieber sein als eine strikte Umsetzung der SVP-Initiative.
Ein Pokerspiel. Wie wichtig ist es Ihnen, dass die Schweiz am Schluss ein Abkommenspaket mit der EU abschliessen kann, auf der Skala von 1 bis 10?
7.5. Es ist mir wichtig. Aber ein Vertrag mit der EU muss auch mehrheitsfähig sein beim Schweizer Volk. Gelingt es dem Bundesrat nicht, ein gutes Abkommen zustande zu bringen, ist das Parlament gefordert, Verbesserungen vorzunehmen. Ich warne einfach davor zu glauben, dass das alles ein Spaziergang wird.
Das Gespräch führte Eliane Leiser – es handelt sich um eine Ausschnitt aus der aktuellen Samstagsrundschau.