Der Stolz steht Godi Koch ins Gesicht geschrieben. Zufrieden sitzt der Direktor der Pilatus-Bahnen in einem der neuen Triebwagen, die sich mit knapp 15 Kilometern pro Stunde den Zahnradstrang hinaufwuchten, und sagt: «Ich will kein Selbstlob austeilen, aber da ist uns etwas Schönes gelungen. Mit diesem Panoramablick, den man aus den neuen Wagen hat, lässt sich die Landschaft viel intensiver erleben.»
Acht neue Triebwagen mit viel Glas rundherum haben die Pilatus-Bahnen 2017 beim Schienenfahrzeugbauer Stadler Rail bestellt. Sie sollen die heutigen zehn Triebwagen aus den 1930er-Jahren ersetzen. Der erste davon wurde seit über einem Jahr am Berg getestet, auf der über 130-jährigen Zahnradstrecke, die mit einer Steigung von bis zu 48 Prozent die steilste der Welt ist.
Nun hat das Bundesamt für Verkehr der neuen Generation der Triebwagen die Bewilligung erteilt, am Dienstag wurden sie der Öffentlichkeit vorgestellt. Drei Wagen sind nun hier, bis im kommenden Frühling werden die restlichen geliefert. Kostenpunkt: 55 Millionen Franken.
Lohnen sich die hohen Investitionen in eine Bergbahn?
Das ist viel Geld, auch für eine gesunde Firma wie die Pilatus-Bahnen – vor allem in einer Zeit, die für die Tourismusbranche nicht gerade rosig ist. 2019 brachte das Unternehmen noch über 3 Millionen Gäste auf den Berg, 2021 waren es nicht einmal mehr die Hälfte.
Und auch wenn in Europa die Corona-Pandemie mittlerweile in den Hintergrund gerückt ist: Besucherinnen und Besucher aus China fehlen wegen der drastischen Covid-Politik im Reich der Mitte nach wie vor. Zudem stehen mit hohen Energiepreisen und einer Inflation als Folge des Kriegs in der Ukraine weitere Unsicherheiten an. Waren diese Investitionen in eine 130 Jahre alte Zahnradbahn wirklich so klug?
Gar keine Frage findet Godi Koch. Krisen kämen und gingen, sein Unternehmen denke langfristig. Aber: «Natürlich hat der Verwaltungsrat während der Coronakrise die Sistierung des Projekts diskutiert, auch der Ersatz durch eine günstigere Seilbahn war ein Thema», sagt er.
Natürlich hat der Verwaltungsrat während der Coronakrise die Sistierung des Projekts diskutiert.
Es sei jedoch schnell klar geworden, dass die Zahnradbahn als Kulturgut erhalten werden solle – zumal sie als weltweit steilste ihrer Art internationale Ausstrahlung geniesse und aufs Engste mit dem Pilatus als Tourismusberg verbunden sei. «Diese Bahn ist ein Unikat, und als solche können wir sie auch vermarkten», sagt Koch.
Der Pilatus: Ein Tourismusberg der ersten Stunde
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Bild 1 von 9. Über allem thront der Pilatus. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts etablierte sich Luzern als Tourismusstadt, hier auf einer Postkarte von 1905. Damit wuchs, nach dem Vorbild der Rigi, das Interesse an der touristischen Nutzung des Pilatus. Bildquelle: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv.
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Bild 2 von 9. Ein Bett für die Königin. Bereits 1860 wurde auf dem Obwaldner Teil des Gipfels das Hotel Bellevue eröffnet – auf 2132 Meter über Meer (Bild von ca. 1870). Der Gipfel war damals nur zu Fuss zu erreichen. 1868 weilte hier die britische Königin Victoria. Bildquelle: ETH-Bibliothek Zürich/Bildarchiv.
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Bild 3 von 9. Mit Volldampf dem Gipfel entgegen. 1889 nahm die dampfbetriebene Zahnradbahn vom obwaldischen Alpnachstad auf den Pilatus den Beitrieb auf – hier eine Aufnahme von der Talstation im frühen 20. Jahrhundert. Eine technische Meisterleistung und bis heute weltweit ein Unikat: Die Steigung beträgt streckenweise rund 48 Prozent. Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 9. Spektakulärer Streckenverlauf. Die Fahrt auf den Gipfel, wie hier auf einem Bild von 1898, dauerte damals rund eineinhalb Stunden – in der Hälfte der Fahrt mussten die Dampfloks frische Kohle und neues Wasser aufnehmen, die Passagiere vertraten sich die Beine. Bildquelle: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv.
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Bild 5 von 9. Hotelboom auf dem Gipfel. Die Zahnradbahn brachte mehr Menschen auf den Pilatus – bereits 1890, also nur ein Jahr nach Eröffnung der Bahn, wurde mit dem Hotel Kulm (links) ein zweites Hotel gebaut (Postkarte von 1907). Bildquelle: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv.
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Bild 6 von 9. Die Zahnradbahn unter Strom. 1937 wurde die Zahnradbahn elektrifiziert. Neun Triebwagen von damals (plus einer von 1960) sind bis heute in Betrieb. (Postkarte aus den 1930er-Jahren). Bildquelle: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv.
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Bild 7 von 9. Ein Hotel in Ruinen. 1960 brannte das altehrwürdige Hotel Bellevue auf Pilatus-Kulm bis auf die Grundmauern nieder. Bildquelle: Keystone/Photopress-Archvi/Jules Vogt.
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Bild 8 von 9. Die Moderne ist auf dem Berg angekommen. Das Hotel Bellevue wurde von 1961 bis 1964 neu aufgebaut – und gleich auch mit einem Selbstbedienungsrestaurant versehen. Hier ein Bild aus dem Eröffnungsjahr. Bildquelle: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv.
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Bild 9 von 9. Ein letztes Mal unter Dampf. Lange blieb ein letzter Dampfzug der Zahnradbahn betriebsfähig, dann war Schluss: Nach dieser letzten Fahrt 1966 kam die Komposition ins Verkehrshaus. Bildquelle: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv/Fotograf Hans-Peter Bärtschi.
Die neuen Wagen lösen im Frühling ihre Vorgänger ab, die über 80 Jahre auf dem Buckel haben und immer aufwändiger zu unterhalten sind. Sie können mehr Passagiere aufnehmen und bewältigen die Höhendifferenz von über 1600 Metern in 35 Minuten; sie sind damit etwas schneller als die heutigen Wagen.
Neue Wagen ermöglichen dichteren Fahrplan
Künftig werde die Zahnradbahn daher im 35-Minuten-Takt verkehren statt wie heute alle 50 Minuten, sagt Godi Koch. Der Kapazitätsausbau stehe aber nicht im Vordergrund, sagt der Direktor der Pilatus-Bahnen. «Wir wollen nicht mehr Leute auf dem Berg, aber wir wollen sie schneller und komfortabler hochbringen.»
Wir wollen nicht mehr Leute auf dem Berg, aber wir wollen sie schneller hochbringen.
Und trotz gegenwärtig unsicheren Aussichten sei er überzeugt, dass die Investitionen in die Zahnradbahn sich lohnten: «Reisen ist wichtig für die Menschen. Der Tourismus wird wieder anziehen, da bin ich mir sicher.»