Bei der Talstation der Hoch-Ybrig Bergbahn ist derzeit nicht viel los. Einzelne Wanderinnen und Wanderer geniessen die Ruhe inmitten der Bergkulisse, bevor es mit der Gondel in die Höhe geht. Die Hauptsaison bleibt hier der Winter, in dem die Bergbahnen rund 70 Prozent ihres Jahresumsatzes erzielen.
So erstaunt es nicht, dass Geschäftsführer Urs Keller die Situation um die Stromversorgung der Schweiz mit grosser Sorge beobachtet: «Von einer Schliessung wären direkt und indirekt über 300 Mitarbeiter betroffen, das wäre verheerend». Kurz nach den Schliessungen aufgrund der Corona-Pandemie stünden die Bergbahnen wieder vor einer ungewissen Zukunft, so Keller weiter. «Wir wären wieder in der gleichen Situation, wie vor zwei Jahren.»
Die Angst ist nicht unbegründet
Dass die Lage ernst ist, zeigen die Signale aus Bern. So mahnte Bundesrätin Sommaruga vor knapp einem Monat in ungewohnt eindringlicher Manier: «Es geht ums Ganze». Deshalb sieht der Bund einen vierstufigen Plan vor, wie einem etwaigen Strom- und Gasmangel im Winter zu begegnen ist.
Dass dabei die Skigebiete in den Fokus geraten könnten, bestätigt das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) auf Anfrage von SRF. Das BWL schreibt, dass Einschränkungen in den Skigebieten mit grosser Wahrscheinlichkeit bereits unter die zweite Stufe fielen. Was dies konkret bedeutet, ist noch offen. Von einem Nutzungsverbot von Schneekanonen bis zur Einstellung des Betriebs von Skiliften sind laut BWL verschiedene Szenarien denkbar.
Urs Keller, Geschäftsführer der Bergbahnen Hoch-Ybrig, räumt ein, dass es auch in Skigebieten sehr wohl Möglichkeiten gäbe, Strom zu sparen – etwa indem Bahnen und Skilifte nicht auf Hochtouren laufen. Dass aber die Einstellung des Skibetriebs im Raum steht, sei unverständlich: «Es ist traurig, dass wir in die Bresche springen sollen, nur weil Bundesrat und Politik es verpasst haben, die Energieversorgungssicherheit zu gewährleisten.» Nicht nur im Hoch-Ybrig ist die Aufregung gross, auch andernorts ist man besorgt.
Winter mit Ungewissheiten steht bevor
Der Verband der Seilbahnen steht deshalb mit den Verantwortlichen des Bundes und der Stromversorger im Austausch. Direktor Berno Stoffel sagt, die Bergbahnen seien bereit, im Falle einer Strommangellage ihren Teil beizutragen. Aber er relativiert das Sparpotenzial: «Mit einer Einschränkung der Bergbahnen kann man die Situation nicht entlasten. Die Bergbahnen machen lediglich 0,3 % vom Stromverbrauch in der Schweiz aus.» Demgegenüber sei der wirtschaftliche Schaden von Schliessungen unverhältnismässig.
Dass es in den Skigebieten zu weitreichenden Schliessungen kommt, ist unwahrscheinlich. Trotzdem droht nach zwei Jahren Pandemie ein weiterer Winter mit vielen Ungewissheiten.