«Gehen ist des Menschen beste Medizin», lautet ein Zitat des wohl berühmtesten griechischen Arztes des Altertums, Hippokrates von Kos. Beliebt seit eh und je ist das Pilgern. Und wer an einen Pilgerweg denkt, kommt um den Jakobsweg nicht herum – den wohl bekanntesten Pilgerweg mit einem Streckennetz durch ganz Europa und mit Ziel in Santiago de Compostela in Galicien.
Der Jakobsweg ist in der Schweiz aber längst nicht der einzige Pilgerweg. Ein anderer, die Via Francisca, führt von Konstanz am Bodensee quer durch die Ostschweiz über Graubünden nach Rom. Der italienische Streckenabschnitt von Varese Richtung Süden ist bekannter als der Schweizer Teil. Ein hiesiger Verein will dies nun ändern.
Der Weg dahin scheint aber noch weit. In der Deutschschweiz ist die Via Francisca als solche nicht ausgeschildert, ab dem Lukmanierpass, also im Kanton Tessin, hingegen schon.
Der Präsident des Vereins «Freunde der Via Francisca – Schweiz», Hermann Heiter, sagt, der Weg habe eine grosse historische Bedeutung. Kennen würde ihn in der Deutschschweiz aber kaum jemand. Zu Zeiten des Konstanzer Konzils vor 600 Jahren habe es häufig Warentransporte zwischen Konstanz und Rom gegeben.
Die Geschichte der Via Francisca geht aber noch viel weiter zurück: «Es ist auch der Weg der Kaiser. Viele Kaiser bewegten sich zwischen Deutschland und Norditalien auf dieser Strasse. Zudem war es eine Handelsroute und ein Weg für Heerestruppen.» Neben Kaisern und Vertretern der katholischen Kirche seien schon früh Pilger auf dem Weg unterwegs gewesen.
Schwesternweg Via Francigena gibt Hoffnung
Das Ziel des 2022 gegründeten Vereins: eine durchgehende Beschilderung vom Kanton Thurgau bis nach Graubünden. Wie im Tessin und in Italien: «In Norditalien ist der Weg schon sehr bekannt, weil verschiedene Medien darüber berichteten. Ich hoffe, dass die Via Francisca bis in ein paar Jahren so bekannt ist wie der Jakobsweg», sagt Heiter.
Eine Hoffnung, die nicht unmöglich ist. Das zeige der Schwesternweg der Via Francisca, die Via Francigena. Dieser Pilgerweg von Canterbury (England) nach Rom, der auch durch die Kantone Waadt und Wallis und über den Grossen St. Bernhard in die italienische Hauptstadt führt, sei vor 25 Jahren wiederbelebt worden. Mittlerweile seien auf diesem Weg jährlich über 30'000 Pilgerinnen und Pilger unterwegs.
Entwickle sich die Via Francisca ähnlich, habe dies positive Auswirkungen: «Ein Pilger ist von Kreuzlingen nach Ponte Tresa 15 Tage lang unterwegs. Das heisst: Er muss 15 Mal übernachten, 15 Mal morgens einen Kaffee trinken, Zmittag und Znacht essen. Multiplizieren Sie das mit den Pilgern, die kommen», sagt Hermann Heiter.
Startschuss mit eigener Wanderung
Er wolle nicht behaupten, dass plötzlich ebenfalls 30'000 Pilgerinnen und Pilger kommen. Aber, so Heiter weiter: «Es ist im Trend, ökologisch und langsam Ferien zu verbringen. In Santiago de Compostela kommen jährlich mittlerweile über 400'000 Leute. Dort wurden schon Initiativen ergriffen, den Massen entgegenzuwirken.»
Um die Pilgerinnen und Pilger auf die Via Francisca zu locken, geht der Verein um Hermann Heiter auf kantonale Tourismusbehörden und Gemeindepräsidenten und Stadtpräsidentinnen zu. Das Anliegen der durchgehenden Beschilderung ist platziert. Als Startschuss wanderte Hermann Heiter mit zehn Begleitern quer durch den Thurgau. Mit der Hoffnung auf offene Ohren.