FDP-Justizministerin Karin Keller Sutter gehört zum dreiköpfigen Europa-Ausschuss des Bundesrats. Viel hörte man nicht mehr von ihr zum Rahmenabkommen in letzter Zeit. Laut bundesratsnahen Quellen soll sie aber eine zentrale Rolle bei einem Plan B spielen. Dieser Plan B trägt offenbar den Arbeitstitel «Swisslex 2.0». Ein «Fitnessprogramm» für die Schweizer Wirtschaft.
«Können uns nicht mehr alles leisten»
FDP-Ständerat Damian Müller hat eine genaue Vorstellung, was ein solches Programm beinhalten müsste. Er spricht von einem Zitat «knallharten Fitnessprogramm». Die bilateralen Beziehungen hätten der Schweiz in den letzten Jahrzehnten Wohlstand gebracht. «Wenn diese Beziehungen jetzt zum Stillstand kommen, müssen wir uns bereit machen für die Zukunft, wir können uns nicht mehr alles leisten».
FDP-Bundesrätin Keller-Sutter hat dem Gesamtbundesrat aber offenbar noch keine konkreten Vorschläge vorgelegt. Das Programm bleibt noch recht diffus.
«Revitalisierung» nach dem EWR-Nein
Ein solches «Fitnessprogramm» gab es allerdings schon einmal. 1992 lehnte die Stimmbevölkerung den Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum EWR ab. Der Bundesrat sorgte sich um das Wohlergehen der Schweiz. Denn die Wirtschaft schwächelte damals, die Arbeitslosigkeit stieg auf über fünf Prozent.
Die Landesregierung startete die «Revitalisierung» der Wirtschaft: Der Arbeitsmarkt wurde stärker liberalisiert, die Mehrwertsteuer eingeführt, Fachhochschulen geschaffen. Und es gab freiwillige Anpassungen ans EU-Recht, deshalb der Name «Swisslex».
Kein Problem bei Anpassungen an EU-Recht
Ob auch beim neuen «Swisslex»-Programm zusätzlich und einseitig EU-Recht übernommen werden soll, prüft das Justizdepartement von Bundesrätin Keller-Sutter zur Zeit offenbar.
Würde sich «Swisslex 2.0» auf das Recht beschränken, hätten die Gewerkschaften kein Problem damit. «Eine Anpassung ans europäische Recht ist immer gut, wenn es zugunsten der Schweiz ausfällt», sagt Adrian Wüthrich, Präsident von Travail Suisse. Aber gegen Deregulierungen will er sich zur Wehr setzen.
«Angriff auf Löhne und Arbeitsbedingungen»
«Wir haben uns im Rahmenabkommen sehr stark für den Lohnschutz eingesetzt, weil wir ja gerade wollen, dass die Löhne und Arbeitsbedingungen in der Schweiz geschützt bleiben», erklärt Wüthrich. «Wenn wir jetzt im Inland einen Angriff auf die Löhne und Arbeitsbedingungen haben, werden wir uns gleich und vehement dagegen einsetzen.»
FDP-Ständerat Damian Müller erwidert, man wolle das aktuelle Lohnschutz-Niveau nicht untergraben. Aber mehr ausbauen könne man den Sozialstaat nach einem Scheitern des Rahmenabkommens nicht mehr.
Noch vages Programm
Ob ein «knallhartes» Fitness-Programm im Parlament überhaupt eine Mehrheit finden würde, ist zum heutigen Zeitpunkt schwer abzuschätzen. Die Wirtschaft könnte es aber einen. Denn beim Rahmenabkommen sind die verschiedenen Branchen zerstritten. Längst nicht mehr alle Wirtschaftskreise wollen ein Rahmenabkommen.
Doch Deregulierungen und Steuersenkungen würden wohl alle unterstützen. Im Moment aber bleibt das Programm noch vage. Als Druckmittel gegen die Gewerkschaften, ihren Widerstand gegen den Lohnschutz im Rahmenabkommen aufzugeben, dient es aber allemal.