Es ist viel los an diesem Frühlingsvormittag beim Recyclinghof in Belp: Etliche Autos fahren zur Sammelstelle, die Leute entladen ihren Abfall. Auffallend viele haben einen durchsichtigen Plastiksack mit Kunststoffabfall dabei. Belp macht seit einem knappen Jahr beim Sammeln von Kunststoff mit.
Der Kanton Bern hat zusammen mit den Gemeinden und einer Ostschweizer Recyclingfirma das Sammeln von Kunststoff grossflächig lanciert. In Belp wird das geschätzt. «Wenn wir schon so viel Abfall produzieren, macht das Plastiksammeln Sinn», sagt eine Frau, die ihren Sammelsack bei der Entsorgungsstelle abgibt.
50 Gemeinden haben im Frühling 2023 gestartet, mittlerweile machen fast 200 mit – verteilt über das ganze Kantonsgebiet.
Die gesammelten Mengen nehmen deutlich zu – auch in Belp. Entsorgungshofchef Andreas Zaugg weiss fast nicht mehr, wohin mit den vielen gefüllten Plastiksäcken. «Sie stapeln sich mittlerweile überall.» Einmal im Monat fährt er den Abfall nach Bern, von dort wird der Plastikabfall nach Österreich gebracht und nahe der Schweizer Grenze sortiert.
«Unsere Erwartungen wurden übertroffen», sagt Marc Briand von der zuständigen Innorecycling AG. «Die angefallene Menge können wir gut händeln. Je mehr gesammelt wird, desto besser.» Dass die Leute mitmachen, freut Marc Briand. «Das Bedürfnis zum Sammeln ist gross. Viele wissen, dass im Ausland schon lange Plastik gesammelt wird.»
Auch beim Kanton ist man zufrieden und spricht von einer «Erfolgsgeschichte». «Ein Sack kann im Berner Oberland gekauft und im Berner Seeland entsorgt werden. Das ist toll», sagt Marc Häni vom Amt für Wasser und Abfall. «Alle ziehen nun am gleichen Strick. Das war nicht immer so», sagt Häni. Laut ihm waren sich die Fachleute nicht einig, ob das Sammeln etwas bringt – und in der Politik herrschte kein Konsens.
Das Berner System habe tatsächlich seine Vorteile, sagt Redaktor Oliver Fueter vom SRF-Konsumentenmagazin «Espresso». «Die Plastiksammlung in der Schweiz bleibt aber vorerst ein Flickenteppich.» Der Grund: Es gibt verschiedene Akteure, unter denen ein Konkurrenzkampf herrscht. «Plastik sammeln ist keine Wohltätigkeitsveranstaltung, sondern ein Geschäftsmodell.»
Es kann nicht der ganze gesammelte Kunststoff recycelt werden.
Redaktor Oliver Fueter betont, dass nicht der ganze Abfall recycelt werden könne; vor allem, weil bei Verpackungen verschiedene Plastiksorten miteinander verschweisst seien. Etwa die Hälfte des gesammelten Abfalls werde deshalb in Zementfabriken verbrannt. «Umweltschutzorganisationen weisen darauf hin, dass man den Plastikverbrauch reduzieren soll. Zum Beispiel mit wiederverwendbaren Verpackungen.»
In Belp ist man überzeugt von der Plastiksammlung und dem Kunststoffsammelsack. «Schweizerinnen und Schweizer sind es ja gewohnt, den Abfall zu sammeln», sagt der zuständige Gemeinderat Jean-Michel With. In Belp wird einmal im Monat der Plastikabfall bei den Leuten zu Hause abgeholt – sonst müssen sie die gefüllten Säcke auf den Entsorgungshof bringen. SVP-Gemeinderat Jean-Michel With: «Dank der guten Sammelquote überlegen wir uns, den Abfall häufiger zu holen.»