Sind Uber-Fahrer Angestellte oder Selbstständige? Mit dieser Frage beschäftigen sich hierzulande seit Jahren diverse Gerichte, verschiedene Verfahren sind hängig. Ein zentrales Urteil, das den arbeitsrechtlichen Aspekt im Kern klärt, ist nun gefällt: Das Waadtländer Obergericht stuft in einem konkreten Fall Uber als Arbeitgeber ein.
Empfindliche Niederlage für Uber
In der Begründung, die «Kassensturz» vorliegt, kommen die Richter zum Schluss, dass Uber auf Grund der Struktur seiner Plattform den Fahrer in betrieblicher, persönlicher und wirtschaftlicher Hinsicht von Uber abhängig macht und dieser somit als Angestellter der Plattform zu betrachten ist.
Das ist eine empfindliche Niederlage für den Tech-Konzern. Uber behauptet stets, nur Vermittler zu sein, die Fahrer seien selbstständig. Sämtliche Kosten und Pflichten eines Arbeitgebers weist das Plattform-Unternehmen von sich.
Ich zögerte lange, gegen diesen Milliardenkonzern vor Gericht zu gehen. Doch schliesslich wollte ich wissen, ob man in diesem Land so mit Leuten umspringen kann.
Fahrer kämpft gegen Tech-Giganten
Konkret geht es im Fall, der vor dem Waadtländer Obergericht verhandelt wurde, um einen ehemaligen Fahrer von Uberpop aus Lausanne. Der Fahrer klagte gegen Uber, weil ihm das Unternehmen den Zugang zur App ohne Begründung gesperrt hatte. Er war folglich von einem Tag auf den anderen arbeitslos, ohne Absicherung. «Meine Nachfragen hat Uber mit Standardantworten abgewimmelt», sagt der Fahrer, der anonym bleiben will. «Das hat mich verletzt. Ich zögerte lange, gegen diesen Milliardenkonzern vor Gericht zu gehen. Doch schliesslich wollte ich wissen, ob man in diesem Land so mit Leuten umspringen kann.»
Urteil mit Signalwirkung
Rémy Wyler, Lausanner Arbeitsrechtprofessor und Anwalt des Fahrers, spricht von einem Urteil mit Signalwirkung: «Das Obergericht hat das erstinstanzliche Urteil vollumfänglich bestätigt. Der Fahrer hatte ein Arbeitsverhältnis mit Uber, ihm wurde ungerechtfertigt fristlos gekündigt. Ich gehe davon aus, dass dieser Fall auch vor Bundesgericht standhält. Somit würde dann für sämtliche Uber-Fahrer der Schutz des Arbeitsrechts gelten, und Uber müsste Sozialversicherungsbeiträge bezahlen.»
Uber sieht kein Handlungsbedarf
Uber schätzt das Urteil ganz anders ein. Gegenüber «Kassensturz» schreibt Uber: «Das Gerichtsurteil hat keine direkten Auswirkungen auf unsere heutige Tätigkeit in der Schweiz. Es kann weder generalisiert werden noch auf andere Fahrer angewendet werden.» Ob der Konzern das Urteil bis vor Bundesgericht weiterzieht, ist offen. «Im Laufe des nächsten Monats werden wir entscheiden, ob wir vor dem Bundesgericht Berufung einlegen», schreibt Uber an «Kassensturz».
Gewerkschaft macht Druck auf die Kantone
Die Gewerkschaft Unia, die seit Jahren gegen das Geschäftsmodell Uber ankämpft, sieht sich mit dem Urteil in ihrer Haltung bestätigt. Philipp Zimmermann von der Unia sagt: «Das Urteil ist klar, Uber ist Arbeitgeber. In der Schweiz haben die Kantone die Arbeitsmarktaufsicht. Sie müssen Uber nun endlich zwingen, ihre Arbeitgeberpflichten wahrzunehmen. Ausser Genf hat bis jetzt kein Kanton gehandelt.»