In der Agglomerationsgemeinde Buchs bei Aarau gibt es immer wieder schwierige politische Diskussionen: Die Gemeinde mit rund 8500 Einwohnerinnen und Einwohnern hat wenig Geld und viele anstehende Projekte. Aktuell läuft ein intensiv geführter Abstimmungskampf zur Neugestaltung eines Dorfplatzes. Und neulich kündigte der Gemeinderat eine mögliche Steuererhöhung an.
Die örtliche SVP reagierte umgehend: «Der Gemeinderat hat versagt!», hiess es unter anderem in einer Mitteilung. Nun gab es am Samstagabend einen Anschlag auf das Privathaus des zuständigen Finanzvorstehers. Der Briefkasten wurde gesprengt, die Hauswand verschmiert. Der Milizpolitiker war zur Zeit der Attacke daheim und wurde vom lauten Knall aufgeschreckt, wie die «Aargauer Zeitung» berichtet.
In einer Mitteilung vom Montag verurteilt der Gemeinderat Buchs diese Sachbeschädigung. Es sei ein «alarmierendes Zeichen für den Zustand der politischen Kultur» in der Gemeinde. Gemeindepräsident Urs Affolter sagt gegenüber SRF, er sei sprachlos. «Das ist unter allem, was ich mir vorstellen kann.»
Mehr Drohungen als früher, auch im Aargau
Dass Gemeinderäte oder Parlamentarierinnen verunglimpft oder bedroht werden, ist kein neues Phänomen. Erst letzte Woche hatte die Zürcher Sicherheitsdirektorin Jacqueline Fehr angekündigt, sie wolle die Milizpolitik im Kampf gegen Anfeindungen und Drohungen im Netz unterstützen.
Auch im Aargau nehmen diese Fälle offenbar zu. «Es ist eine leicht steigende Tendenz spürbar», sagt Matthias Boscaini, Gruppenchef Gewaltschutz bei der Aargauer Kantonspolizei. Er und sein Team kümmern sich um den Schutz von Behörden und Politik. «Oftmals sind es drohende Äusserungen in Mails oder sozialen Medien, bei denen nicht ganz klar wird, wie gross das Gefährdungspotential wirklich ist.»
Eine direkte Attacke am Privatwohnsitz wie im Fall Buchs sei aber eher selten, sagt Boscaini. Er ist auch zuständig für das operative «Bedrohungsmanagement» im Aargau. Sein Team berät also Politikerinnen und Behörden, die bedroht wurden. «Wir zeigen ihnen auf, wie sie sich nach einer solchen Tat verhalten sollen und planen allfällige weitere Massnahmen.»
Drohungen bedrohen das Milizsystem
Auch um die Täterinnen und Täter kümmert man sich natürlich. Zum Teil gibt es Strafverfahren, manchmal aber auch nur sogenannte «Ansprachen». Die Polizei lädt Personen, die zum Beispiel Drohungen in sozialen Medien ausgesprochen haben, zum Gespräch ein, redet ihnen quasi ins Gewissen. «So verhindern wir, dass von diesen Personen weitere Drohungen ausgehen.»
Die verschiedenen Massnahmen der Behörden zeigen: Das Thema ist präsent. Ein Blick ins Medienarchiv offenbart, dass immer wieder Gemeinderätinnen oder Gemeindepräsidenten ihre Ämter aufgeben, weil sie Anfeindungen oder Drohungen nicht mehr aushalten. Zudem beklagen sich viele Gemeinden darüber, dass sie keine Kandidierenden mehr finden für politische Ämter.
Für die Zürcher Regierungsrätin Jacqueline Fehr ist klar, dass Drohungen und justiziable Anfeindungen damit die Demokratie gefährden. «Wir müssen gewährleisten, dass Menschen, die sich für ein politisches Amt zur Verfügung stellen, dieses auch ohne Angst um ihre Sicherheit ausüben können.»