Bereits zum zweiten Mal innert weniger Monate tritt SP-Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider gegen ihre eigene Partei an. In der «Abstimmungs-Arena» erklärt die Gesundheitsministerin, warum sie die Prämien-Entlastungs-Initiative der SP ablehnt: Sie sehe zwar, dass die Prämienbelastung für viele Familien hoch sei. Doch: «Die Milliarden kommen nicht vom Himmel.» Zudem löse die Initiative das Problem der steigenden Gesundheitskosten nicht.
Mit der Prämien-Entlastungs-Initiative will die SP die Krankenkassenprämien deckeln: Künftig soll eine versicherte Person höchstens zehn Prozent ihres verfügbaren Einkommens für die Prämien aufwenden müssen. Für den Rest sollen Bund und Kantone mit zusätzlichen Prämienverbilligungen einspringen. Bund und Parlament lehnen die Initiative ab. Sie haben einen Gegenvorschlag ausgearbeitet, der die Kantone verpflichtet, einen Mindestbeitrag an die Prämienverbilligung zu leisten.
Leidet oder profitiert der Mittelstand?
SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer sagt, der ständige Anstieg der Krankenkassenprämien bereite ihr Sorgen: «Es kann doch nicht sein, dass eine vierköpfige Familie 15'000 Franken Krankenkassenprämien pro Jahr zahlen muss.» Es brauche nun endlich einen Prämiendeckel.
Vor eben diesem Deckel warnt FDP-Präsident Thierry Burkart: Es handle sich bei der Prämien-Entlastungs-Initiative um eine «Umverteilungsinitiative», die dazu führe, dass viele Leute aus dem Mittelstand mehr bezahlen müssten. Es sei unmöglich, die Kosten – gemäss Schätzungen des Bundes liegen sie in Milliardenhöhe – via ordentlichen Bundeshaushalt auffangen zu können: «Es wird Steuererhöhungen geben.» Vor den Kosten warnt auch die Luzerner Gesundheitsdirektorin Michaela Tschuor. Sie sieht zudem den Föderalismus in Gefahr.
Es wird Steuererhöhungen geben.
Die Initiantinnen und Initianten verweisen derweil darauf, dass durch die Initiative keine zusätzlichen Kosten in der Gesundheitsversorgung entstünden. Ziel sei lediglich, «einen Teil der Prämienbelastung von den Haushalten wegzuschieben», so Meyer. Und zwar hin zu Bund und Kantonen, die handeln könnten.
Gegenvorschlag nimmt Kantone in die Pflicht
Auf der Seite von Meyer kämpft auch Daniel Lampart, Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds, für die Initiative: «Viele Familien wissen nicht mehr, wie sie das alles bezahlen sollen.» Die Initiative entlaste jene, die dringend darauf angewiesen seien. Philippe Luchsinger, Präsident des Verbands der Haus- und Kinderärzte, warnt gar vor einem Versorgungsnotstand: «Fast 20 Prozent der Bevölkerung geht aus finanziellen Gründen nicht zum Arzt.»
Viele Familien wissen nicht mehr, wie sie das alles bezahlen sollen.
Gerade wegen der finanziellen Nöte müsse man das Problem der steigenden Gesundheitskosten an den Wurzeln packen, entgegnet SP-Bundesrätin Baume-Schneider. Mit dem Gegenvorschlag setze man den Kantonen Anreize, die Kosten zu senken. Gleichzeitig werde das Hauptanliegen der Initiative aufgenommen.
In der 1. SRG-Umfrage – durchgeführt vom Forschungsinstitut GFS Bern – gibt eine Mehrheit von 56 Prozent der Befragten an, am 9. Juni bestimmt oder eher ein Ja zur SP-Initiative in die Urne legen zu wollen. Allerdings ist der Weg zum zweiten Abstimmungssieg für die SP noch weit – die Kampagnen laufen erst so richtig an.
Nicht ausgeschlossen ist auch, dass der Vorlage letztlich das Ständemehr zum Verhängnis werden könnte. Denn schon jetzt zeichnen sich grosse Unterschiede zwischen den Sprachregionen ab. Die Umfrage zeigt, dass die Zustimmung in der lateinischen Schweiz aktuell deutlich höher ist als in der Deutschschweiz.