Ein 38-jähriger Imam soll Anfang August in einem Freitagsgebet in der Krienser Moschee Dar Assalam vor Gläubigen gegen Frauen gehetzt haben. Der Imam war nach Bekanntwerden der Vorwürfe vorübergehend festgenommen und verhört worden. Darauf stellte auch der verantwortliche Dar-Assalam-Verein den Imam frei.
Die islamische Gemeinde Luzern, zu der die Dar Assalam Moschee gehört, empfahl danach an einer Pressekonferenz, in Zukunft die Predigten der Imame per Video zu überwachen. Doch diese Idee kommt unter den Muslimen nicht nur gut an.
Videoüberwachung das falsche Mittel
Saida Keller-Messahli setzt sich für einen fortschrittlichen Islam ein. Radikale Prediger müsse man besser in den Griff bekommen, doch die Videoüberwachung sei das falsche Mittel. Sie schlägt andere Massnahmen vor: «Man müsste die Kontrolle schon viel früher ansetzen, bevor die Leute in die Schweiz einreisen», so Keller-Messahli. Für sie komme sogar eine Bewilligungspflicht für praktizierende Imame in Frage.
Filmaufnahmen könnten sogar helfen, damit man sieht, was in der Gemeinschaft abgeht.
In der Zürcher Mahmud-Moschee steht man der Videoüberwachung nicht so kritisch gegenüber. Der dortige Imam Irfan Ahmed Thaker ist erst seit einigen Monaten in der Schweiz und befürwortet solche Filmaufnahmen: «Das könnte in gewissen Moscheen sogar helfen, damit man sieht, was in der Gemeinschaft abgeht», sagt der Imam. Es sei das Recht und die Aufgabe des Staates zu wissen, was in den Moscheen im Lande gepredigt würde.
Der Präsident der Ahmadiyya-Gemeinschaft sieht das ähnlich, warnt aber auch davor: «Es besteht die Gefahr, dass man beim Wort Muslim oder Moschee unter Generalverdacht gerät», sagt Walid Tariq Tarnutzer. Der Islam müsse sich grundlegend verändern, alles was mit Gewalt zu tun habe, sei nicht der Islam.
Es besteht die Gefahr, dass man beim Wort Muslim oder Moschee unter Generalverdacht gerät.
Es ist ein Dilemma: Zum einen werden von den Gemeinden Transparenz und Massnahmen gefordert, gleichzeitig aber bedeutet eine breite Videoüberwachung eine Selbstreinigungsmassnahme, die ganz viele Gemeinden und Muslime zu Unrecht verdächtigt.
Das bedauert René Pahud de Mortanges, er ist Professor an der Rechtsfakultät der Universität Fribourg. «Man erwartet ja auch von anderen Religionsgemeinschaften oder Gemeinden nicht, dass sie anfangen, ihre Predigten aufzuzeichnen», sagt der Rechtsprofessor. Sein Lösungsansatz wäre, dass man verstärkt in die Ausbildung solcher Imame setzt, damit sie mit den Sitten und Gebräuchen in der Schweiz vertraut werden.
Man erwartet ja auch von anderen Religionsgemeinschaften oder Gemeinden nicht, dass sie anfangen, ihre Predigten aufzuzeichnen.
Eine einheitliche Regelung für Videoüberwachung von Imamen dürfte sowieso utopisch sein. Die islamischen Gemeinden sind autonom organisiert und müssten jeweils selber darüber entschieden, ob und wie sie die Imame überwachen.