Ein chinesisches Forschungsteam hat Mikroplastik nun auch in menschlichem Sperma nachgewiesen. Eine Verunreinigung sei bei sämtlichen Spermienproben festgestellt worden, heisst es. SRF-Wissenschaftsredaktor Christian von Burg zu den wichtigsten Erkenntnissen über Mikroplastik im menschlichen Körper und den noch nicht abschliessend geklärten Risiken für die Gesundheit.
Wie problematisch ist Plastik im Sperma?
Mikroplastik wurde bereits im Blut, in fast allen Organen, in der Plazenta und in der Muttermilch gefunden. Insofern ist es nicht erstaunlich, dass chinesische Forschende solche Ablagerungen nun auch im Sperma gefunden haben, wo sie sicher nicht hingehören. Welche gesundheitlichen Auswirkungen Mikroplastik im menschlichen Körper hat, ist bis heute nicht abschliessend geklärt. Es gibt aber zahlreiche Hinweise darauf, dass das sicher nicht gesund ist.
Was ist über die Art und Herkunft des Plastiks bekannt?
Das Forschungsteam hat kleinste Teile im Bereich von Tausendstel Millimetern – also Mikrometern gefunden. Sie messen zwischen 7.0 und 0,7 Mikrometer und stammen von acht verschiedenen Mikroplastikarten. Am häufigsten: PVC, PE und PS. PVC oder Polyvinylchlorid wird zum Beispiel für Plastikfenster verwendet. PE ist Polyethylen und steckt unter anderem in Gefrierbeuteln. PS ist Polystyrol und gelangt über Wegwerf-Trinkbecher oder Plastikbesteck in den Körper.
Wie weit ist das Mikroplastik-Phänomen verbreitet
Mikroplastik wurde unterdessen fast überall gefunden, im Himalaya ebenso wie in der Tiefsee. Die Teilchen sind so klein, dass sie auch in der Luft mitfliegen und eingeatmet werden. Auch beim Trinken aus Petflaschen können Abreibungen vom Schraubdeckel in den Körper gelangen. Oder beim Essen von Fisch, der zuvor Mikroplastik ausgesetzt war. In dieser Studie wurde nun Mikroplastik im Ejakulat gefunden, also in der Spermienflüssigkeit selbst. Im Hoden wurde bereits früher Mikroplastik nachgewiesen.
Könnte Mikroplastik eine Ursache für die abnehmende Fruchtbarkeit junger Männer sein?
Gewisse Sorten von Mikroplastik enthalten hormonaktive Stoffe und stehen diesbezüglich am stärksten unter Verdacht. In Tierversuchen zeigten sich teils drastische Auswirkungen: Mäuse wurden durch Weichmacher unfruchtbar, männliche Frösche produzierten keine Spermien mehr und begannen sogar Eizellen zu produzieren. Diese Effekte direkt auf den Menschen zu übertragen, ist aber unzulässig. Der direkte Nachweis ist schwierig, weil solche Versuche am Menschen verboten sind.
Wie hat sich die männliche Fruchtbarkeit entwickelt?
In den letzten knapp 40 Jahren ist die Spermienkonzentration und die Gesamtzahl der Spermien bei Männern in Europa und Nordamerika um 50 Prozent zurückgegangen. Etwa 5 Prozent der jungen Schweizer Männer liegen unter allen Grenzwerten. Sie sind also nicht mehr zeugungsfähig. Es gibt auch verschiedene Hinweise, dass Pestizide und Kosmetikartikel schädlich wirken – neben den Chemikalien in den Plastikprodukten.
Der Mensch ist durchdrungen von Mikroplastik – was tun?
Egal, wie schädlich oder unschädlich diese Kleinstteilchen sind – sie gehören nicht in den menschlichen Körper. Entsprechend muss versucht werden, Mikroplastik möglichst zu vermeiden. Keine Wegwerfbecher und Glas statt Plastikflaschen sind ein Schritt dazu. Gegen den Mikroplastik-Feinstaub aus der Luft bräuchte es aber überregionale Regulierungen gegen die Plastikflut.