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Provenienzforschung Die ungeklärte Herkunft einer Geige beschäftigt die Wissenschaft

Das Historische Museum Basel hat als erstes Museum untersucht, ob eine angeblich wertvolle Geige tatsächlich echt ist.

Die Bührle-Sammlung oder der Fall Gurlitt: Der Umgang mit Raubkunst ist in der Schweiz immer wieder umstrittenes Thema. Im Fokus: Kunstwerke, die in der Nazi-Zeit jüdischen Familien gestohlen oder unter Wert abgekauft wurden und später in Sammlungen von Museen wieder auftauchten. Mehrere Museen haben deshalb Kunstwerke auf ihre Herkunft untersuchen lassen.

Auch das Historische Museum Basel HMB hat sich mit dieser sogenannten Provenienzforschung befasst. Doch das HMB fokussierte sich als erstes Museum der Schweiz auch auf die Musikinstrumenten-Sammlung. Dies, weil das Museum über die grösste Sammlung an Musikinstrumenten in der Schweiz verfügt.

Streichinstrumente ausgestellt
Legende: Das Historische Museum Basel verfügt über die grösste Sammlung an Musikinstrumenten in der Schweiz. zvg/Historisches Museum Basel

Besonderes Interesse weckte bei den Forscherinnen und Forschern eine Geige des italienischen Geigenbauers Nicolò Gagliano aus dem 18. Jahrhundert. An der Herkunft dieser Geige respektive an deren Echtheit gab es nämlich Zweifel.

Grund: Die Geige gehörte einer Musikerin, die das Instrument einem gewissen Henry Werro abkaufte, und dieser hat einen zweifelhaften Ruf: «Werro war nicht nur ein sehr guter Geigenbauer, sondern auch Händler. Und er war in den 1950er Jahren in den Schweizer Geigenkrieg involviert», erzählt HMB-Kuratorin Isabel Münzner.

Mann und Frau bei Geige
Legende: Echt oder eine Fälschung? Die Gagliano-Geige wird im Historischen Museum Basel von Spezialistinnen und Spezialisten untersucht. zvg/Historisches Museum Basel

Bei diesem sogenannten Geigenkrieg ging es um Gerichtsprozesse, und Werro war wegen betrügerischen Handels mit alten Geigen einer der Hauptangeklagten. Der Geigenhändler hatte aus alten Instrumenten Etiketten herausgelöst und sie in andere Geigen hineingeklebt. Später verkaufte er diese als teure Meistergeigen. Werro wurde wegen Urkundenfälschung verurteilt und starb 1971.

Aufwändige Provenienzforschung bei Musikinstrumenten

Bei der Geige in der Basler Musiksammlung stellte sich deshalb die Frage: Handelt es sich um eine echte Gagliano-Geige oder eine Fälschung? Dies herauszufinden ist kein einfaches Unterfangen, denn Instrumente werden im Gegensatz zu Gemälden ständig benutzt. «Ein Musikinstrument ist ein Gebrauchsinstrument. Das heisst: Es wird darauf gespielt, die Instrumente werden überholt, neu lackiert oder auch mal repariert», sagt Münzner.

Geige auf Tisch
Legende: Die Geige im Museum wurde von Henry Werro verkauft. Der Geigenbauer und -händler war in den «Schweizer Geigenkrieg» in den 1950er Jahren involviert. zvg/Historisches Museum Basel

Um dem Alter des Instruments auf die Spur zu kommen, wurde das Holz genauer untersucht. Dies geschieht mit der sogenannten Dendrochronologie und mit einem Computertomografen. Damit wurde das Innere des Instruments untersucht. «In dieser Computertomografie konnten wir zum Beispiel auch erkennen, dass es beim Etikett nicht weitere Kleberreste gibt.»

Die aufwändige Untersuchung zeigte: Die Geige ist echt und wurde tatsächlich 1780 von Nicolò Gagliano erbaut. Im Zuge der Recherchen konnte das HMB rekonstruieren, von wem Werro die Geige erworben hatte – ein wichtiger Schritt zur Klärung der Rechtmässigkeit. Die Identität der Person darf aus datenschutz- und archivrechtlichen Gründen nicht bekannt gegeben werden. Soviel ist aber klar: Gegenwärtig gibt es keinen Hinweis auf einen unrechtmässigen Handwechsel.

Kein Raubgut in der Basler Sammlung entdeckt

Die Gagliano-Geige war indes nur eines von verschiedenen Provenienzforschungs-Objekten am HMB. Untersucht wurden über 30 Streich- und Tasteninstrumente, deren Herkunft unklar war und deren Vergangenheit in die Zeit des Zweiten Weltkriegs zurückgeht. Das Resultat war das gleiche wie bei der Gagliano-Geige: Es gibt keinen Hinweis, dass sie unrechtmässig den Besitzer oder die Besitzerin gewechselt hatten.

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Regionaljournal Basel, 12.11.2024, 17:30 Uhr ; 

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