«Der Entscheid für die Durchführung ist den Verantwortlichen nach den vielen Medienartikeln nicht leichtgefallen», rechtfertigt die Betriebskommission des katholischen Kirchgemeindezentrums von Littau in ihrer Mitteilung die Bewilligung des Kampfsportanlasses. Die Medienlawine losgetreten hatte eine «Blick»-Recherche.
Angepriesen als «Prügelnacht», sollen am 25. Januar unter anderem Kämpfe ohne Punktewertung bis zum Knockout stattfinden. Unterstützt wird der Event im Zentrum der Kirchgemeinde Littau laut «Blick» von der Rockergruppierung Hells Angels. Brisant: Ein Muotathaler MMA-Kämpfer mit engen Verbindungen in die deutsche Neonazi-Szene hätte offenbar teilnehmen sollen, flog aber verletzungsbedingt aus dem Programm.
Den Hauptkampf bestreitet ein berüchtigter Hooligan aus der Westschweiz, jahrelang Mitglied bei den Hammerskins, einer rechtsextremen Gruppierung, die in Deutschland mittlerweile verboten ist. Ob er sich, wie die Organisatoren beteuern, von der Szene losgesagt hat, lässt sich nicht überprüfen.
Kampfsport als Element des Rechtsextremismus
Ungeachtet dessen sieht Extremismusforscher Dirk Baier darin einen Trend, der sich auch in der Schweiz festgesetzt habe: «In Deutschland ist der Kampfsport bereits seit über 10 Jahren ein wichtiges Element im Rechtsextremismus. Es geht darum, sich fit zu machen für den Kampf, der da kommen mag. Diese Entwicklung prägt nun auch die Schweizer Szene.» Bestes Beispiel sei die «Junge Tat», die derzeit dominierende Jugendaktionsgruppe des Schweizer Rechtsextremismus, welche in ihren Social Media-Videos aktiv mit Kampfsport-Trainings wirbt.
Dass der Kampfsport in der rechtsextremen Szene nicht bloss der Identitätsstiftung dient, sondern auch der Vorbereitung auf konkrete reale Auseinandersetzungen, zeigt etwa ein Bericht des Landesamtes für Verfassungsschutz Baden-Württemberg vor rund einem Jahr: «So wird die Notwendigkeit von Kampfsport beispielsweise mit der ständigen Gefahr körperlicher Angriffe durch gewaltorientierte Linksextremisten und durch Menschen mit Migrationshintergrund begründet.»
Die «Prügelnacht» in Luzern steht ferner für eine weitere Entwicklung, die in Europa schon seit einer Weile zu beobachten ist: Motorradclubs wie die Hells Angels rekrutieren ihre Mitglieder teils aus dem rechtsextremen Milieu.
Vom Neonazi zum Hells Angel
Zwar ist die Situation in der Schweiz laut Extremismusforscher Baier nicht vergleichbar mit derjenigen in Ostdeutschland, wo massgebliche Verbindungen in die Neonazi-Szene bestehen. «Doch auch in der Schweiz gibt es einzelne Überschneidungen.» Exemplarisch auch hier der besagte Hauptkämpfer der umstrittenen Veranstaltung in Littau, der laut Szenekennern nämlich mittlerweile bei den Hells Angels aktiv sein soll.
Von einem eigentlichen Rekrutierungsfeld spricht Philipp Schlaffer, einer der bekanntesten Aussteiger im deutschsprachigen Raum. Als ehemals führender Kopf im norddeutschen Neonazi-Umfeld und Präsident eines Rockerclubs kennt er beide Szenen. «Rockergruppierungen rekrutieren ihre Mitglieder unter anderem im rechtsextremen Dunstkreis. Das hat damit zu tun, dass man die gleichen Feindbilder teilt.» Auch herrsche in beiden Milieus eine ausgeprägte Hypermännlichkeit vor, so Schlaffer, der sich heute für Extremismusprävention engagiert. Es gehe um Stärke und Macht und auch darum, Angst zu verbreiten.