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«Prügelevent» im Kanton Luzern Kämpfe mit Schlägern aus Neonazikreisen – im Kirchgemeindehaus

An einem Kampfsport-Event in Littau LU, hinter dem die Hells Angels stehen, sollen auch Schläger aus dem Dunstkreis der Neonazi-Szene teilnehmen. Experten sprechen von einem Trend, der auch in der Schweiz angekommen ist.

«Kampfsportnacht» findet nicht in Littau statt

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Nach Publikation dieses Artikels wurde bekannt, dass die angekündigte Kampfsport Veranstaltung in Littau LU nicht im Veranstaltungslokal St. Michael stattfindet. Darauf haben sich der Veranstalter und die Betriebskommission des Zentrums St. Michael sowie der Kirchenrat der Kirchgemeinde Littau am Freitagabend geeinigt. Das teilt die Präsidentin des Kirchenrats in einem Communiqué mit.

Die Absage wird begründet mit dem gewachsenen öffentlichen Druck und Sicherheitsüberlegungen, weil Protestaktionen angekündigt waren. Im Gespräch mit Behördenvertretern habe am Schluss der Sicherheitsgedanke überwogen, die Veranstaltung nicht im Zentrum St. Michael durchzuführen.

Die Veranstalter selber haben inzwischen einen neuen Austragungsort angekündigt. Wie die «Luzerner Zeitung» berichtet, teilten die Veranstalter der «Prügelnacht» am Freitagabend auf Instagram mit, dass gekaufte Tickets zurückerstattet würden. Wo die Austragung nun stattfinden soll, wurde nicht angegeben.

(Samstag, 11.1.2025)

«Der Entscheid für die Durchführung ist den Verantwortlichen nach den vielen Medienartikeln nicht leichtgefallen», rechtfertigt die Betriebskommission des katholischen Kirchgemeindezentrums von Littau in ihrer Mitteilung die Bewilligung des Kampfsportanlasses. Die Medienlawine losgetreten hatte eine «Blick»-Recherche.

Angepriesen als «Prügelnacht», sollen am 25. Januar unter anderem Kämpfe ohne Punktewertung bis zum Knockout stattfinden. Unterstützt wird der Event im Zentrum der Kirchgemeinde Littau laut «Blick» von der Rockergruppierung Hells Angels. Brisant: Ein Muotathaler MMA-Kämpfer mit engen Verbindungen in die deutsche Neonazi-Szene hätte offenbar teilnehmen sollen, flog aber verletzungsbedingt aus dem Programm.

Screenshot: Vier junge Männer mit nackten Oberkörpern und martialischem Blick
Legende: Screenshot der Ankündigung der geplanten «Prügelnacht» in Littau im Internet. Screenhot/SRF

Den Hauptkampf bestreitet ein berüchtigter Hooligan aus der Westschweiz, jahrelang Mitglied bei den Hammerskins, einer rechtsextremen Gruppierung, die in Deutschland mittlerweile verboten ist. Ob er sich, wie die Organisatoren beteuern, von der Szene losgesagt hat, lässt sich nicht überprüfen.

Kampfsport als Element des Rechtsextremismus

Ungeachtet dessen sieht Extremismusforscher Dirk Baier darin einen Trend, der sich auch in der Schweiz festgesetzt habe: «In Deutschland ist der Kampfsport bereits seit über 10 Jahren ein wichtiges Element im Rechtsextremismus. Es geht darum, sich fit zu machen für den Kampf, der da kommen mag. Diese Entwicklung prägt nun auch die Schweizer Szene.» Bestes Beispiel sei die «Junge Tat», die derzeit dominierende Jugendaktionsgruppe des Schweizer Rechtsextremismus, welche in ihren Social Media-Videos aktiv mit Kampfsport-Trainings wirbt.

Dass der Kampfsport in der rechtsextremen Szene nicht bloss der Identitätsstiftung dient, sondern auch der Vorbereitung auf konkrete reale Auseinandersetzungen, zeigt etwa ein Bericht des Landesamtes für Verfassungsschutz Baden-Württemberg vor rund einem Jahr: «So wird die Notwendigkeit von Kampfsport beispielsweise mit der ständigen Gefahr körperlicher Angriffe durch gewaltorientierte Linksextremisten und durch Menschen mit Migrationshintergrund begründet.»

Jungparteien wollen Bewilligung widerrufen

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Inzwischen haben diverse Luzerner Jungparteien in einem offenen Brief gefordert, die Bewilligung für den Kampfsportanlass zurückzunehmen, «um diesen Neonazis keinen Raum zu bieten». Und auch die Stadt Luzern, zu der Littau politisch gehört, schreibt auf Anfrage, man habe gar keine Freude.

Die Betriebskommission des Kirchgemeindezentrums, welche die Veranstaltung bewilligt hat, schreibt derweil: «(…) die Tatsache, dass schon mehrfach ähnliche Kickbox-Kampfsportveranstaltungen in den Räumlichkeiten des Zentrums stattgefunden haben, flossen in diesen Entscheid mit ein.»

Die «Prügelnacht» in Luzern steht ferner für eine weitere Entwicklung, die in Europa schon seit einer Weile zu beobachten ist: Motorradclubs wie die Hells Angels rekrutieren ihre Mitglieder teils aus dem rechtsextremen Milieu.

Vom Neonazi zum Hells Angel

Zwar ist die Situation in der Schweiz laut Extremismusforscher Baier nicht vergleichbar mit derjenigen in Ostdeutschland, wo massgebliche Verbindungen in die Neonazi-Szene bestehen. «Doch auch in der Schweiz gibt es einzelne Überschneidungen.» Exemplarisch auch hier der besagte Hauptkämpfer der umstrittenen Veranstaltung in Littau, der laut Szenekennern nämlich mittlerweile bei den Hells Angels aktiv sein soll.

«Extremismus ist bei uns fehl am Platz»

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In einer Stellungnahme hat sich nun auch der Organisator der «Prügelnacht», Pepe Sucur, beschwichtigend zu Wort gemeldet: «Extremismus, gleich welcher Richtung, ist bei uns fehl am Platz und wird nicht toleriert.» Ausserdem hätten die Hells Angels, obgleich er selber Mitglied des Rockerclubs sei, nichts mit der Durchführung der Veranstaltung zu tun.

Von einem eigentlichen Rekrutierungsfeld spricht Philipp Schlaffer, einer der bekanntesten Aussteiger im deutschsprachigen Raum. Als ehemals führender Kopf im norddeutschen Neonazi-Umfeld und Präsident eines Rockerclubs kennt er beide Szenen. «Rockergruppierungen rekrutieren ihre Mitglieder unter anderem im rechtsextremen Dunstkreis. Das hat damit zu tun, dass man die gleichen Feindbilder teilt.» Auch herrsche in beiden Milieus eine ausgeprägte Hypermännlichkeit vor, so Schlaffer, der sich heute für Extremismusprävention engagiert. Es gehe um Stärke und Macht und auch darum, Angst zu verbreiten.

10 vor 10, 08.01.2025

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