- Ein autistischer 17-Jähriger liess sich in einer Aargauer Klinik 2020 mehrfach rückwärts auf den Hinterkopf fallen und starb später im Spital.
- Nun hat die Staatsanwaltschaft zwei Ärzte der Klinik wegen vorsätzlicher und fahrlässiger Tötung durch Unterlassen angeklagt.
- Die Staatsanwaltschaft beantragt eine unbedingte Freiheitsstrafe von sechs Jahren für die Oberärztin und eine bedingte Freiheitsstrafe von zwei Jahren für den leitenden Oberarzt.
Es passierte während eines stationären Aufenthalts des jungen Patienten im Jahr 2020. Im November trat er als 17-Jähriger in die Klinik ein. In den Wochen vor dem Vorfall liess sich der junge Mann in der Klinik mehrfach absichtlich rückwärts fallen. Dabei zog er sich schwere Kopfverletzungen zu.
«Die Klinik dokumentierte unter anderem auch eine Serie von Stürzen, die sich in kurzer Abfolge ereigneten», hält die Staatsanwaltschaft fest.
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Bild 1 von 2. Das Hauptgebäude der Klinik in Windisch AG wird gerade aussen saniert. Es ist das Gesicht der PDAG. Bildquelle: SRF/Mario Gutknecht.
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Bild 2 von 2. Der Neubau der Psychiatrischen Dienste steht ebenfalls in Windisch. Die Klinik beschäftigt total gut 1700 Angestellte. Bildquelle: SRF/Mario Gutknecht.
Ende Dezember 2020 wurde der junge Mann regungslos im Zimmer aufgefunden. Er hatte sich erneut fallen gelassen. Per Helikopter wurde er ins Universitätsspital Zürich geflogen. Wenige Tage später starb er an den Folgen eines schweren Schädel-Hirn-Traumas. Er war gerade 18 Jahre alt geworden.
Zu wenig Schutzmassnahmen
Die Klinik habe den jungen Mann zu wenig geschützt, lautet der Vorwurf der Staatsanwaltschaft. «Gestützt auf ein eingeholtes psychiatrisches Fachgutachten, geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass eine engmaschige Betreuung zwingend erforderlich gewesen wäre.»
Angeklagt sind zwei ehemalige leitende Ärzte der Psychiatrischen Dienste Aargau. Die Klinik hat ihren Hauptsitz in Windisch AG. Sie beschäftigt über 1700 Angestellte.
Die Oberärztin habe vom Selbstverletzungsrisiko gewusst. Sie habe in Kauf genommen, dass der Patient sich tödlich verletzen könnte. Der mitangeklagte Oberarzt habe die Gefahrenlage zwar erkannt und dokumentiert. Er habe aber keine Schutzmassnahmen durchgesetzt.
Deshalb klagt die Staatsanwaltschaft die beiden wegen vorsätzlicher beziehungsweise fahrlässiger Tötung durch Unterlassen an. Es gilt die Unschuldsvermutung.