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Psychiatrische Dienste Aargau Patient stirbt in Klinik: Gefängnisstrafe für Ärztin gefordert

  • Ein autistischer 17-Jähriger liess sich in einer Aargauer Klinik 2020 mehrfach rückwärts auf den Hinterkopf fallen und starb später im Spital.
  • Nun hat die Staatsanwaltschaft zwei Ärzte der Klinik wegen vorsätzlicher und fahrlässiger Tötung durch Unterlassen angeklagt.
  • Die Staatsanwaltschaft beantragt eine unbedingte Freiheitsstrafe von sechs Jahren für die Oberärztin und eine bedingte Freiheitsstrafe von zwei Jahren für den leitenden Oberarzt.

Es passierte während eines stationären Aufenthalts des jungen Patienten im Jahr 2020. Im November trat er als 17-Jähriger in die Klinik ein. In den Wochen vor dem Vorfall liess sich der junge Mann in der Klinik mehrfach absichtlich rückwärts fallen. Dabei zog er sich schwere Kopfverletzungen zu.

«Die Klinik dokumentierte unter anderem auch eine Serie von Stürzen, die sich in kurzer Abfolge ereigneten», hält die Staatsanwaltschaft fest.

Ende Dezember 2020 wurde der junge Mann regungslos im Zimmer aufgefunden. Er hatte sich erneut fallen gelassen. Per Helikopter wurde er ins Universitätsspital Zürich geflogen. Wenige Tage später starb er an den Folgen eines schweren Schädel-Hirn-Traumas. Er war gerade 18 Jahre alt geworden.

Zu wenig Schutzmassnahmen

Die Klinik habe den jungen Mann zu wenig geschützt, lautet der Vorwurf der Staatsanwaltschaft. «Gestützt auf ein eingeholtes psychiatrisches Fachgutachten, geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass eine engmaschige Betreuung zwingend erforderlich gewesen wäre.»

Klinik vom Kanton Aargau verwarnt

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  • 2024 hat das Aargauer Gesundheitsdepartement die Klinik im Aargau verwarnt.
  • Eine Verwarnung sei eine ernsthafte Folge, hiess es damals beim Kanton. Er könne verwarnen oder einer Klinik die Bewilligung entziehen.
  • Ein externes Gutachten der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich kam zum Schluss, dass die Aufsicht der Klinik mangelhaft gewesen sei. 
  • Der Jugendliche hätte gemäss Gutachten und Kanton eine 1:1-Betreuung gebraucht. 

Angeklagt sind zwei ehemalige leitende Ärzte der Psychiatrischen Dienste Aargau. Die Klinik hat ihren Hauptsitz in Windisch AG. Sie beschäftigt über 1700 Angestellte.

Die Oberärztin habe vom Selbstverletzungsrisiko gewusst. Sie habe in Kauf genommen, dass der Patient sich tödlich verletzen könnte. Der mitangeklagte Oberarzt habe die Gefahrenlage zwar erkannt und dokumentiert. Er habe aber keine Schutzmassnahmen durchgesetzt.

Deshalb klagt die Staatsanwaltschaft die beiden wegen vorsätzlicher beziehungsweise fahrlässiger Tötung durch Unterlassen an. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Menschenrechte verletzt?

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Auch die Menschenrechtsorganisation Human Rights ist in den Fall involviert. Sie hilft den Eltern, den Fall aufzuklären.

Der Jugendliche mit einer Autismus-Spektrum-Störung sei in der Psychiatrischen Klinik in Windisch 30 Tage in ein Isolationszimmer eingesperrt worden. Dies, obwohl in den Berichten der Kinder- und Jugendpsychiatrie klar festgehalten wurde, dass er viele Spaziergänge benötige und einen hohen Bewegungsdrang habe. Das moniert die Organisation auf humanrights.ch.

SRF 4 News, 23.4.2025, 10 Uhr ; 

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