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Quarantäne für Balkanländer Familienbesuch in der Heimat: Aufschub oder Verzicht?

Viele haben Familienangehörige in Serbien, Kosovo oder Nordmazedonien. Doch eine Reise in die Heimat will gut überlegt sein.

Keine Sommerferien auf dem Balkan, das sei für viele eine Enttäuschung, sagt Arber Bullakaj, der als Achtjähriger aus dem Kosovo in die Schweiz kam und heute als SP-Politiker und Unternehmer im Kanton St. Gallen aktiv ist.

«Die Leute können ihre Familien nicht besuchen. Sie haben sich vielleicht das ganze Jahr darauf gefreut. Nun fällt dieser Plan für die meisten ins Wasser.» Für jene, die schon einen Flug gebucht haben, komme Stress und Ärger dazu. Denn es sei unklar, ob die Flugtickets storniert und rückerstattet werden.

Abreise vorerst verschoben

Kontakt zu halten zur früheren Heimat ist für viele Menschen mit Wurzeln im ehemaligen Jugoslawien wichtig. Aber auf die geplanten Sommerferien werden die meisten von ihnen dieses Jahr wahrscheinlich verzichten. Das beobachtet auch der Sozialarbeiter und Ethnologe Dejan Mikic, der ursprünglich aus Serbien stammt: «Die Leute möchten eigentlich jetzt gehen, in den nächsten Wochen. Sie haben ihre Reisepläne nun aufgeschoben.»

Oft kein Homeoffice möglich

Mikic selber hat ein klein wenig Hoffnung, dass er seine für September geplante Serbien-Reise doch noch antreten kann – aber momentan sieht es schwierig aus. Dass Rückkehrende aus Ländern wie Serbien, Kosovo und Nordmazedonien zehn Tage in die Quarantäne müssen, verunmöglicht den meisten eine Reise in diese Länder. Denn gerade die Menschen der älteren und mittleren Einwanderergeneration arbeiten häufig in handwerklichen Berufen, auf dem Bau, in Fabriken, im Supermarkt oder als Busfahrer.

Sie haben keine Möglichkeit, während der Quarantäne von zuhause aus im Homeoffice zu arbeiten. Doch obwohl es wehtut, auf die Sommerferien und den Familienbesuch zu verzichten, zeigen viele Verständnis für die vom Bund verhängten Quarantäne-Massnahmen für Rückkehrer aus diesen Ländern.

So auch Shefqet Cakolli, der ein kleines Taxi-Unternehmen leitet und einen albanischen Kulturverein in Winterthur präsidiert: «Das ist schon korrekt, denn im Moment gibt es dort viele Krankheitsfälle. Das ist ein erhöhtes Risiko, auch für die Schweiz.» Deshalb findet er es vernünftiger, dieses Jahr die Sommerferien in der Schweiz zu verbringen. Denn es sei im gemeinsamen Interesse von allen, die weitere Verbreitung des Coronavirus zu bekämpfen.

Der aktuelle Stand bei den Risikoländern

Weniger Touristeneinnahmen

Klar ist aber auch: Gerade ein Land wie Kosovo wird es spüren, wenn die meisten Schweiz-Kosovaren dieses Jahr zuhause bleiben. «Das hat auch massive Konsequenzen für die finanzielle Situation des Landes selbst», betont Unternehmer Arber Bullakaj. Denn die Ferienbesucher aus der Schweiz geben auch einiges an Geld aus, etwa in Restaurants oder Einkaufsläden. Und diese Einnahmen werden dieses Jahr im Kosovo fehlen.

Rendez-vous, 07.07.2020, 12:30 Uhr

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