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SRF-Korrespondent Nufer: «Ein kurzfristiger Befreiungsschlag»
Aus Tagesschau vom 07.12.2018.
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Rahmenabkommen mit der EU Zeit gewonnen, Gesicht gewahrt, Diskussion lanciert

Der Bundesrat hat sich mit dem heutigen Entscheid, das Verhandlungsergebnis mit der EU zu veröffentlichen und in Konsultation zu schicken, aus einer ungemütlichen Situation befreit – zumindest kurzfristig. Eigentlich wollte die EU heute von der Schweiz eine klare Ansage hören. Ja oder Nein zum Rahmenabkommen.

Die drei Bundesräte an der Medienkonferenz konnten sich heute um eine solche klare Antwort drücken. Sie antworteten mit: «Ja, wir schauen mal und lasst uns diskutieren». Offenbar scheint die EU dieses Vorgehen fürs Erste zu akzeptieren, wie man der Stellungnahme aus Brüssel entnehmen kann.

Diese interne Konsultation ermöglicht eine Diskussion über den Inhalt dieses Rahmenabkommens. Endlich! Die unselige, fast fünf Jahre dauernde Phantom-Debatte über geheime Verhandlungen und über ein Abkommen, das niemand kannte, ist zum Glück vorbei.

Positiv reagierten heute fast alle Parteien und Verbände auf die Transparenz-Übung des Bundesrates, den Vertragstext zu veröffentlichen.

Trotz Zeitgewinn und Gesichtswahrung bleibt die Zerstrittenheit und Uneinigkeit zum Rahmenabkommen im Bundesrat bestehen – aber auch bei den Parteien und den Sozialpartnern. Die Kritik am Rahmenabkommen dürfte nach der heutigen Publikation wohl in einer ersten Phase gar noch zunehmen. Jeder wird irgendwo ein Haar in der Suppe finden.

Mittelfristig werden sich die «Konsultierten» aber die Frage stellen müssen: Was ist uns wichtiger, das Erreichte zu sichern oder Jahre von Verhandlungen einfach über Bord zu werfen? Am Schluss dürften viele für die Option Sicherheit sein.

Umso mehr sollte die EU wieder kurz mit den Muskeln spielen, Stichwort Börsenäquivalenz. Unter Druck hat die Schweiz oft schnell gehandelt. Die grauen Listen und das Bankgeheimnis lassen grüssen.

Achse aus SP, FDP und CVP würde gebraucht

Gemessen am Erreichten – z. B. die Einigkeit über die institutionellen Fragen und damit Absicherung des bilateralen Wegs – sind die Differenzen vielleicht gar nicht so gross. Nur müssten sich die Befürworter jetzt zusammenraufen.

Damit dieses Rahmenabkommen eine Chance hätte, müsste die alte Koalition in der Europapolitik aus SP, FDP und CVP wieder spielen. Doch seit dem Streit um die Flankierenden im letzten Sommer ist von dieser Achse derzeit wenig zu spüren.

Entgegenkommen der Bürgerlichen gefragt

Damit die Sozialpartner jetzt nicht weitere drei Monate auf stur schalten und diese Konsultation genau nichts bringt, müssten die Bürgerlichen die Linken für den sich abzeichnenden Teilverlust der flankierenden Massnahmen (Reduktion der Voranmeldefrist von acht auf vier Tage im Rahmenabkommen) kompensieren.

Die Gewerkschaften müssten im Inland etwas erhalten. (z.B. Gesamtarbeitsverträge allgemeinverbindlich erklären). So hätte dieses Rahmenabkommen vielleicht eine Chance.

Neue Köpfe, neue Impulse, neue Hoffnungen

Damit ein solcher Deal über Ideologien und Parteigrenzen hinaus möglich ist, braucht es neue Köpfe. Diese Köpfe gibt es mit dem neuen Gewerkschaftsboss Pierre-Yves Maillard (SP) und der neuen Bundesrätin Karin Keller-Sutter (FDP).

Vielleicht war Keller-Sutters klares Votum für den Schutz der flankierenden Massnahmen an ihrer ersten Medienkonferenz als Bundesrätin nichts anderes, als kluge Taktik. Anders als ihre Parteikollegen Schneider-Ammann und Cassis wollte sich die Sankt Gallerin nicht schon bei ihrem Debüt unmöglich machen bei der SP.

Auf der anderen Seite hat sich der frischgewählte SGB-Präsident Maillard mit Aussagen zu den Flankierenden zurückgehalten. Im Kanton Waadt hat er sich einen Namen als «Dealmaker» mit den Bürgerlichen gemacht.

Kommen von diesen neuen Köpfen Impulse in der Konsultation, könnte das Rahmenabkommen eine Chance haben. Wenn nicht, wird es ganz schwierig für die neue Hausordnung für das bilaterale Verhältnis Schweiz-EU.

Christoph Nufer

Leiter Bundeshausredaktion, SRF

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Christoph Nufer ist seit 2016 Leiter der Bundeshausredaktion des Schweizer Fernsehens SRF. Davor war er als EU-Korrespondent in Brüssel stationiert.

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