Die Wirtschaftsdachverbände demonstrieren einen Schulterschluss bei der Frage des Rahmenabkommens. Dieses Zeichen wollen sie setzen. Der Chef des Arbeitgeberverbandes, Valentin Vogt, begründet: «Das wichtigste Ziel der schweizerischen Europapolitik aus Sicht der Wirtschaft ist die diskriminierungsfreie Teilnahme unserer Schweizer Unternehmen am europäischen Binnenmarkt.»
Dieser Zugang bleibe nur möglich mit einem Rahmenabkommen: «Damit wir nun diese sektorielle Teilnahme am Binnenmarkt behaupten können, müssen wir den bilateralen Weg sichern und möglichst weiterentwickeln. Damit sind wir beim Rahmenabkommen.»
Wir müssen den bilateralen Weg sichern und möglichst weiterentwickeln. Damit sind wir beim Rahmenabkommen.
Deshalb wehren sich der Arbeitgeberverband und Economiesuisse auch gegen die immer lauter werdende Forderung, die Verhandlungen jetzt abzubrechen, bevor Bundesrat und EU-Kommission die Nachverhandlungen über die drei strittigen Punkte – Lohnschutz, Unionsbürgerrichtlinie und staatliche Beihilfen – beendet haben.
Economiesuisse-Präsident Christoph Mäder betont: «Solange die Ergebnisse dieser Klärungen nicht vorliegen, ist die Diskussion über das Rahmenabkommen spekulativ.» Mäder und Vogt wollen deshalb das Resultat abwarten.
Autonomiesuisse stellt sich quer
Nicht so der neue Verein Autonomiesuisse. Mit ihm ist eine Gegenstimme entstanden, die den Abbruch der Verhandlungen fordert. Die Klärungen bei den drei strittigen Punkten reichten nicht, begründet Co-Präsident Hans-Peter Zehnder: «Wir sind der Meinung, dass die Souveränitätsfrage in der vorliegenden Fassung für uns nicht gut ist.»
Wir sind der Meinung, dass die Souveränitätsfrage in der vorliegenden Fassung für uns nicht gut ist.
Kürzlich liess auch der Chef des Gewerkschaftsbundes, Pierre-Yves Maillard, durchblicken, dass auch sein Verband den Abbruch der Verhandlungen fordere.
SGB: «Mandat falsch aufgegleist»
Heute präzisiert der Chefökonom des Gewerkschaftsbundes, Daniel Lampart: «Für uns ist klar, dass nur ein Abkommen, das den eigenständigen Lohnschutz gewährleistet, überhaupt eine Chance hat. Wenn der Bundesrat das nicht ins Mandat schreibt, ist von Anfang an alles falsch aufgegleist. Das muss ins Mandat rein. Was jetzt verhandelt wird, ist natürlich gefährlich.»
Das muss ins Mandat rein. Was jetzt verhandelt wird, ist natürlich gefährlich.
Diese Aussage ist brisant, denn gemäss Lampart fordert der Bundesrat noch immer keinen eigenständigen Lohnschutz: «Wir wissen, was das Verhandlungsmandat ist und dass der Lohnschutz nicht gewährleistet ist – auch wenn das Abkommen jetzt so resultieren würde, wie der Bundesrat das verlangt. So gibt es nichts abzuwarten. Es ist alles auf Zeit gespielt.»
Wirtschaftsverbände bezweifeln
Was sagen die Wirtschaftskapitäne Mäder und Vogt dazu? Valentin Vogt vom Arbeitgeberverband stellt fest: «Dann wissen die Gewerkschaften mehr als wir. Man hat uns einmal skizziert, wie so ein Verhandlungsmandat aussehen könnte. Aber alles, was jetzt die Gewerkschaften hier hineininterpretieren, ist einfach hochspekulativ und sonst nichts.»
Arbeitgeberverband und Economiesuisse halten an ihrer Position fest, dass das Rahmenabkommen zentral bleibt, um den bilateralen Weg abzusichern. Was aber, wenn sie sich dereinst vom Rahmenabkommen distanzieren müssen, weil die Nachverhandlungen nichts brachten oder der Eingriff in die Souveränität zu stark ist?
Das Ziel der Absicherung lassen wir wohl kaum fallen.
Economiesuisse-Chef Mäder sagt dazu: «Das Ziel der Absicherung lassen wir wohl kaum fallen. Aber es kann theoretisch denkbar sein, dass der Weg über das Rahmenabkommen aus innenpolitischen Gesichtspunkten schwieriger wird.»