Die Zeichen stehen auf Annäherung – zwischen der EU und der Schweiz. Seit dem Amtsantritt des neuen Schweizer Aussenministers Ignazio Cassis habe sich einiges getan, stellt der EU-Botschafter für die Schweiz und Liechtenstein, Michael Matthiessen, fest. «Wir sehen wirklich einen ‹Effort› von Bundesrat Cassis, aber auch vom neuen Staatssekretär Roberto Balzaretti. Sie versuchen zu erklären, was das Verhältnis Schweiz-EU ist, welche Bedeutung es hat und was ein Rahmenabkommen eigentlich ist.»
Einen solchen Kommunikations-‹Effort› haben wir vorher nicht gesehen.
Das sagte der EU-Botschafter gestern Abend am Rande des Europa-Forums in Luzern gegenüber SRF. «Einen solchen Kommunikations-‹Effort› haben wir vorher nicht gesehen.»
Der Wechsel an der Spitze des Schweizer Aussenministeriums und die von Ignazio Cassis eingeleitete Neuausrichtung der Verhandlungen mit der EU wirkt sich auf die Meinungsbildung in der Schweiz aus. Das zeigt eine Umfrage des Forschungsinstitutes gfs.bern.
Schweizer sehen Bilaterale positiver als früher
In einer fünften Befragungswelle seit Februar 2015 hat gfs.bern die Meinung der Schweizer Stimmberechtigten rund um die bilateralen Verträge mit der EU sondiert. Die Studie zeigt, dass die Bilateralen eine stabile Akzeptanz haben: 82 Prozent der Befragten möchten die bilateralen Verträge weiterführen.
49 Prozent der befragten Stimmberechtigten sehen bei den bilateralen Verträgen vorwiegend Vorteile. Rückblickend waren es im Februar 2017 noch 50 Prozent und bei der Befragung im Oktober 2015 nur 43 Prozent.
EU-Botschafter Matthiessen schliesst nicht aus, dass sich die kommunikativen Anstrengungen des neuen Aussenminister «positiv auf die Zahlen in der Umfrage» ausgewirkt hätten.
«Wir leben gut, weil wir immer eine Balance suchen»
Bundespräsident Alain Berset unterstrich in seiner Rede vor dem Europa-Forum, die Schweiz brauche stabile Beziehungen zur EU und umgekehrt. Das Verhältnis der Schweiz zu Europa sei noch nie frei von Spannungen gewesen, eröffnete Bundespräsident Alain Berset seine Rede im KKL. Aber: «Wir leben gut, weil wir immer wieder eine Balance suchen zwischen wirtschaftlicher Notwendigkeit und politischer Skepsis gegenüber Europa.»
Berset zeigte sich gegenüber SRF wenig überrascht über den Meinungswandel in der Schweizer Bevölkerung. «Ich spüre bei unserer Bevölkerung seit Langem, dass sie eine stabile Beziehung zur EU will», so Berset gegenüber SRF. «Wir haben sehr viele wirtschaftliche Kontakte. Beide Seiten sind interessiert daran, stabile Verhältnisse zu haben.»
Wer der Schweiz ‹Rosinenpickerei› vorwirft, verkennt, dass von den intensiven Handelsbeziehungen beide Seiten profitieren.
Der Bundesrat wolle den bilateralen Weg weiterentwickeln, die Verträge bildeten eine «gute Balance zwischen wirtschaftlichen und politischen Interessen», führte Berset in seiner Rede aus. Immerhin gehöre die Schweiz zu den wichtigsten Wirtschaftspartnern der EU. Wer der Schweiz aber europapolitische «Rosinenpickerei» vorwerfe, verkenne, dass von den intensiven Handelsbeziehungen beide Seiten profitierten.
Alain Berset verschwieg aber nicht, dass die Beziehung zur EU «unglaublich viel politische Energie» absorbiere. Doch es brauche pragmatische Strategien in dieser unruhigen Zeit. Er zeigte sich überzeugt: «Die EU und die Schweiz werden – früher oder später – eine gute Lösung finden.»
Auf die Schlussfrage des SRF-Korrespondenten Sebastian Ramspeck, welches Stück er als passionierter Jazzpianist anstelle seiner Rede hier gespielt hätte, sagte Berset: «Sicher keinen Blues. Vielleicht einen Boogie-Woogie – aber nicht zu schnell.» Die 1000 Personen im Publikum schmunzelten. Und applaudierten.