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Rezept von 1899 Magenmorsellen gehören seit 125 Jahren zur Basler Herbstmesse

Die farbigen Magenmorsellen versetzen viele in Basel in Nostalgie; sie kennen die Süssigkeit noch vom Messebummel mit den Grosseltern. Was steckt dahinter?

11 Uhr am Morgen, Nicole Jost macht ihren Messestand bereit. Hunderte farbige Plättchen kommen zum Vorschein. Kaum sieht man die Magenmorsellen, kommen die ersten Leute.

«Banane, Himbeere, Aprikose und Zwetschge», bestellt ein Mädchen. Genüsslich beisst es in eines der farbigen Zuckerplättchen: «Sie sind sehr süss, aber man schmeckt trotzdem die Frucht.»

Farbige Plättchen in der Auslage eines Standes.
Legende: Fruchtessenzen, Gewürze und ganz viel Zucker: Das 125 Jahre alte Rezept schmeckt den Besucherinnen und Besuchern der Basler Herbstmesse auch heute noch. SRF/Nina Gygax

Magenmorsellen seien eine «zuckersüsse Verführung nach einem Apothekerrezept aus dem Jahre 1899», sagt Nicole Jost. Das Rezept enthält neben viel Zucker Fruchtessenzen oder Gewürze.

Jedes einzelne Plättchen ist Handarbeit.
Autor: Nicole Jost Magenmorsellen

«Ich mache die Magenmorsellen auch heute noch nach dem Originalrezept von 1899», sagt sie. «Jedes einzelne Plättchen ist Handarbeit.»

Als Medikament erfunden

Das Rezept stammt von einem Apotheker aus Tübingen. Ursprünglich waren die Magenmorsellen als Medikament gedacht. Die Plättchen enthielten Gewürze, die gegen Sodbrennen und einen schweren Magen helfen sollten. Weil die Gewürze bitter waren, kochte sie der Apotheker mit Zucker auf.

Er verkaufte das Rezept später an den Basler Emil Stern. Seither kann man sie an der Herbstmesse kaufen. Seit 125 Jahren.

Auf den richtigen Zeitpunkt kommts an

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Altes Foto von einer Frau, die am Magenmorsellenstand ist.
Legende: Oma Stern an der Herbstmesse. 1935 gab es noch weniger Sorten. Die Magenmorsellen waren aber so süss wie heute. zVg, aus dem Familienfundus der Sterns.

Um das Magenmorsellenrezept von 1899 richtig umzusetzen, braucht man einiges an Gefühl und Erfahrung – auch heute noch, 125 Jahre später.

Zuerst werden Zucker und Wasser aufgekocht. Die Masse muss gut gerührt werden – so lange, bis der «richtige Zeitpunkt» gekommen ist, erklärt Nicole Jost, Geschäftsleiterin von «Stern's Magenmorsellen».

Dann kommen die Fruchtessenzen oder die Gewürze dazu, bei manchen auch noch essbare Farbe. Danach nimmt man die Masse vom Herd und wartet erneut auf den «richtigen Zeitpunkt», um die Masse zu giessen. Wieder muss man bis zum «richtigen Zeitpunkt» warten, um die leicht gehärtete Masse zu ritzen, zu portionieren.

Einfach die Uhr stellen und Schritt für Schritt das Rezept anzuwenden, funktioniere nicht, so Nicole Jost. Es habe einige Hundert Güsse gebraucht, bis es richtig funktioniert habe.

In den 125 haben die Nachfahren von Emil Stern nach und nach weitere Geschmacksrichtungen kreiert – mittlerweile gibt es 20 verschiedene Morsellen.

Auch die Originalmorselle des Apothekers mit diversen Kräutern werden noch immer gemacht. «An einem Messetag mit Würsten, Magenbrot und Käseküchlein ist eine Morselle perfekt für den Magen», sagt Geschäftsführerin Nicole Jost.

Frau steht vor einem Messestand.
Legende: Nicole Jost (vorne) stellt die Magenmorsellen nach einem alten Rezept von 1899 her. Allerdings nur für Herbstmesse und Weihnachtsmarkt. Im Sommer arbeitet sie auf einem Campingplatz. SRF/Nina Gygax

Der Name Magenmorsellen kommt übrigens aus dem Französischen: von «morceau», Stück – ein Stück für den Magen.

Menschen verfallen am Stand in Nostalgie

Die Zuckerstückchen für den Magen verkauft Nicole Stern in der dritten Generation an der Herbstmesse. Sie sind zur Basler Tradition geworden.

Das bestätigt ein älterer Mann, der je zwei mit Schokolade- und Vanillegeschmack kauft. «Magenmorsellen gehören zu einem Messebummel einfach dazu», sagt er. «Ich habe sie in meiner Kindheit von meinem Grossvater bekommen.»

Kaum ist er weg, kommen einige Schülerinnen und Schüler. Ihr Lehrer habe ihnen gesagt, sie sollen Magenmorsellen ausprobieren, sagen sie – und lassen es sich schmecken.

Es komme immer wieder vor, dass Leute am Stand in Nostalgie verfallen, erzählt Nicole Jost. Oft höre sie Aussagen wie: «Meine Mutter hat die immer gekauft.»

Standauslage mit vielen farbigen Plättchen.
Legende: Magenmorsellen wurden im ausgehenden 19. Jahrhundert gegen Sodbrennen entwickelt. Schon bald wurden sie aber als Süssigkeit verkauft. SRF/Nina Gygax

Wer Magenmorsellen kaufen will, hat nur wenige Möglichkeiten. Die Zuckerplättchen verkaufen «Stern's Magenmorsellen» nämlich nur während der Zeit von Herbstmesse und Weihnachtsmarkt. Im Sommer arbeitet Nicole Jost nicht in der Küche, sondern auf einem Campingplatz.

Die Tradition gehe weiter, sagt sie. Dieses Jahr habe ihr 3-jähriger Sohn mitgeholfen, die Plättchen zu brechen. Und auch die Tochter des andern Geschäftsinhabers packe kräftig zu.

Regionaljournal Basel, 5.11.2024, 17:30 Uhr ; 

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