«Dankbar, zuversichtlich, selbstbewusst. So wollen wir den Weg ins 21. Jahrhundert gehen.» Mit diesen Worten stieg Adolf Ogi ein in seine Tännchen-Rede. Ein Viertel dieses Jahrhunderts ist geschafft, und der 82-jährige alt Bundesrat macht seine Zwischenrechnung: «Die schweizerische Bilanz ist gut. Grosso modo sind wir gut über die Runden gekommen.»
Ausnahmefälle wie Bankenkrise oder Naturkatastrophen würden höchstens die Regel bestätigen. Aber – und er wird bestimmter: «International ist es anders. Wir haben heute Krieg, und das ist unbegreiflich. Die Welt ist in eine Schieflage geraten. Die Welt macht uns grosse Sorgen. Die Situation international ist mühsam, um nicht mehr zu sagen. Aber die Bilanz der Schweiz, der 25 Jahre, ist gut.» Das Land ist demnach in seinem Sinne den Weg gegangen: Dankbar, zuversichtlich, selbstbewusst, um die drei Ogi-Kernbegriffe zu wiederholen.
Ogis unvergesslicher Auftritt vor 25 Jahren
Ogi im Schneetreiben vor dem Tunnelportal, mit zugekniffenen Augen, etwas zu eindringlicher Lautstärke, an den Ästen des Tännchens zupfend. Eine Rede zwischen Spektakel, Debakel, Schauspiel, aber vor allem auch Einfachheit und Echtheit. Selbstbewusst habe er an dieser Fernsehansprache festgehalten.
«Der im Studio in Leutschenbach für diese Rede Zuständige hat mir am 30. Dezember am Abend nach Kandersteg telefoniert. Er hat gesagt, ich könne diese Rede nicht bringen. Dann habe ich gesagt, ‹die Rede wird gebracht› – und habe das Telefon aufgehängt.»
Es ging verschiedenes schief. Der Inhalt war gut. Die Art und Weise der Übertragung war nicht gut.
Die Rede sollte alles Bisherige an bundespräsidialen Neujahrsansprachen in den Schatten stellen. Diese Zuversicht hatte Ogi, und das tat die Rede auf ihre Art. «Sie war auf ihre Art prägend, würde ich mal sagen. Aber es ging verschiedenes schief. Der Inhalt war gut. Die Art und Weise der Übertragung war nicht gut. Es schneite. Ich hatte noch Schneeflocken auf den Lippen und im Fernsehen hat man gedacht ‹Der Ogi, der schwimmt›. Aber diese Rede ist irgendwie angekommen.»
Vielleicht gerade, weil sie so unvollkommen war, sei sie ins kollektive Gedächtnis der Schweiz eingegangen, sagt Adolf Ogi. In die Köpfe und Bäuche der Menschen, in Ausstellungsräume wie in jene des Kunsthauses Zürich oder ins Dorfmuseum Kandersteg.
Und angekommen sei diese Rede auch in den Kommunikationsabteilungen anderer Bundesräte und Bundesrätinnen: «Frau Sommaruga war als Präsidentin in einer Bäckerei. Oder Ueli Maurer war in Schwyz beim Bundessbriefarchiv.» Ohne Tännlein-Anrede? Kaum denkbar, sagt Ogi.
Aus dem Bäumchen von damals ist ein Weihnachtsbaum geworden. «Wunderschön. Die Gemeinde Kandersteg bekränzt ihn und beleuchtet ihn. Der hat etwas ausgelöst. Nicht nur am 1. Januar 2000, sondern bleibend!», setzt Adolf Ogi ein hörbares Ausrufezeichen.
Was bleibt, abgesehen vom Tännlein, welches zur Tanne gewachsen ist, und von der Bilanz, dass es der Schweiz in den vergangenen 25 Jahren gut ergangen ist? Neujahrswünsche für das nächste Jahr: «Unserem Land Gottes Segen und der Welt: Einsicht, Frieden.»
Und was wünscht der Dölf dem Ogi? «Das ist doch nicht so wichtig. Ich freue mich an jedem Tag und wünsche mir, dass es meiner Familie gut geht, dem Land gut geht. Das liegt mir am Herzen. Ich hoffe, dass es uns gelingt, die Schweiz weiterhin so erfolgreich in die Zukunft zu führen und dass jeder bereit ist, seinen Teil dazu zu leisten.» Im Sinne der unverrückbaren Haltung des Adolf Ogi: «Dankbar, zuversichtlich, selbstbewusst.»