Mägenwil – eine klassische Mittelland-Agglomerationsgemeinde im Aargau. Man könnte für diesen Artikel aber genauso gut auch von Zollikofen und Ostermundigen im Kanton Bern sprechen, vom luzernischen Ebikon, von Pratteln im Kanton Basel-Land oder irgendeiner anderen Schweizer Gemeinde, die von einer viel befahrenen Hauptstrasse durchschnitten wird – im Kanton Zürich, Solothurn oder St. Gallen.
Bei allen Unterschieden zwischen diesen Gemeinden gibt es eine Gemeinsamkeit: Die Ortsdurchfahrten sind meist nicht wirklich attraktiv für den Fuss- und Veloverkehr. Das liege daran, dass solche Strassenkorridore vor Jahrzehnten sehr einseitig für Autos geplant wurden, erklärt der Aargauer Strassenbauprojektleiter Giuliano Sabato am Beispiel Mägenwil: «Man hat sich hier nur darum gekümmert, dass es fahrdynamisch passt und hat die Gestaltung ausser Acht gelassen.» Hier hätten die Autofahrenden ihren exklusiven Raum im Blick und würden deshalb so schnell es halt geht fahren, so der Strassenexperte.
Erziehung im Strassenverkehr
Doch das muss nicht zwingend so bleiben, findet der Kanton Aargau und setzt bei aktuellen Sanierungsprojekten in der Strassengestaltung auf einen neuen Ansatz, der die Ortsdurchfahrten attraktiver für andere Verkehrsteilnehmende macht. Nämlich in Niederrohrdorf – auch eine klassische Mittelland-Agglomerationsgemeinde im Aargau.
Im Gegensatz zum nahen Mägenwil sieht die Strasse hier aber ganz anders aus, sie wurde eben erst saniert und Mitte September eingeweiht. Auf dem Trottoir direkt an der Strasse fallen hier Gestaltungselemente wie Bäume, Sitzbänke oder ein Brunnen auf. Elemente, die den Raum entlang der Strasse zu einer Art Platz machen.
Zudem unterscheiden sich die dunkel asphaltierte Strasse und das breite Trottoir mit hellen Steinplatten deutlich in der Farbe. «Die Autofahrenden erkennen dadurch Konfliktpunkte mit Fussgängern oder Velofahrerinnen besser», sie haben keinen exklusiven Raum vor sich, erklärt Strassenbauexperte Sabato.
Daneben wendet der Kanton hier weitere «Tricks» in der Strassengestaltung an. Die Kandelaber zum Beispiel sind näher an der Strasse, zusammen mit Bäumen entlang der Strasse schränken sie die Weitsicht etwas ein – und das bewirke eine Verkehrsberuhigung.
Die Autofahrenden verhielten sich auf der Durchfahrt durch Niederrohrdorf anders, sagt Sabato. Zwar ist auch hier Tempo 50 erlaubt, doch die meisten Autos reduzieren aufgrund der Gestaltung die Geschwindigkeit automatisch.
Funktionale Strassen können auch schön sein.
Wichtig sei dabei, dass die Funktionalität der Strasse erhalten bleibe. Es gebe keine Verkehrsreduktion, betont der Strassenbauprojektleiter und fügt an: «Funktionale Strassen können auch schön sein.»
Die neue Gestaltung der Ortsdurchfahrt in Niederrohrdorf kommt bei der Lobby des Langsamverkehrs sehr gut an. Christian Keller, der Geschäftsführer des autokritischen VCS Aargau, lobt gegenüber SRF die neue Gestaltung: «Ich bin positiv überrascht, dass der Aargau solche Fortschritte in der Strassengestaltung gemacht hat.» Hier fühle man sich als Fussgänger wohl.
Dass Strassen heute nicht mehr gleich gebaut werden wie vor 30 Jahren, versteht sich von selbst. Mit neuen Ideen bei der Gestaltung wollen der Aargau und andere Kantone aber auch zeigen, dass sich die vor 30 Jahren gebauten Strassenkorridore in attraktivere Räume für alle Verkehrsteilnehmenden umbauen lassen.