Die USA und ihre europäischen Verbündeten werfen der Schweiz vor, sie setze die Russland-Sanktionen zu wenig scharf um. In den nächsten Tagen entscheidet der Ständerat über eine Taskforce, um Oligarchen-Gelder aufzuspüren und zu sperren. Wirtschaftsminister Guy Parmelin weist den Vorwurf zurück, Bern sei zu passiv.
SRF News: Wäre eine Schweizer Taskforce nicht ein schlaues Signal ans Ausland – angesichts des grossen Drucks?
Guy Parmelin: Wir finden das unnötig. Die Zusammenarbeit zwischen dem Staatssekretariat für Wirtschaft Seco und allen anderen Departementen und Ämtern ist sehr gut. Wir haben etwa mit der Finanzmarktaufsicht Finma bei den Banken kontrolliert, ob alles in Ordnung ist. Zudem hat der Bundesrat mehr Stellen gesprochen. Wir wollen die Aktivitäten noch verstärken.
Trotzdem verstummt der Vorwurf aus dem Ausland nicht, dass noch mehrere Milliarden in versteckten Finanzkonstrukten in der Schweiz lägen.
Wir haben Transparenz geschaffen und gemeldet, dass 7.5 Milliarden Franken in der Schweiz blockiert wurden. Und was haben die anderen Länder gemacht? Können Sie mir eine Zahl geben, wie viele Gelder etwa in den USA gesperrt wurden?
Die G7-Staaten insgesamt haben Privatvermögen von über 50 Milliarden Franken gesperrt.
Ja, 50 Milliarden Franken für die ganzen G7-Staaten. Wenn ich die Schweiz mit Frankreich oder Deutschland vergleiche, so haben wir mehr Geld blockiert. Wir machen unseren Job korrekt.
Haben Sie Zweifel, dass die anderen Staaten ebenso aktiv sind wie die Schweiz?
Ich hoffe, dass es so ist. Es wäre zum Beispiel sehr gut, wenn auf internationaler Ebene alle transparent sagen würden, was sie machen. Das G7-Mitglied Frankreich etwa meldet nur 2.1 Milliarden Euro. Da stelle ich mir gewisse Fragen, denn das ist im Vergleich zu den blockierten Vermögen in der Schweiz nicht viel. Wie viel die USA blockiert haben, kann ich nicht sagen, denn sie kommunizieren nicht viele Zahlen.
Warum kontern Sie die internationale Kritik nicht mit einem Beitritt zur Sanktions-Taskforce Repo der G7?
Wir arbeiten sehr gut mit der EU zusammen. Wenn wir auch noch mit anderen Sanktionsregimes kooperieren, könnte das die Situation komplizieren.
Befürchten Sie auch, dass die Schweiz mit einem Beitritt zur Taskforce der G7 als nächsten Schritt mitmachen müsste bei der Beschlagnahmung blockierter Gelder?
Die Antwort auf diese Frage haben Sie sich gleich selbst gegeben. Es würde solche Erwartungen geben. Viele würden sich fragen, warum die Schweiz jetzt ihre Meinung ändert. Das ist jetzt absolut nicht nötig, denn was wir machen, funktioniert.
Wäre es für Sie eine Option, von den blockierten Zentralbankgeldern zumindest die Zinsen für den Wiederaufbau in der Ukraine einzubehalten?
Wir beobachten, was passiert. Aber die Schweiz kann nicht im Alleingang entscheiden, ohne dass auf internationaler Ebene zumindest eine gemeinsame Meinung besteht. Nicht zuletzt muss auch unsere Verfassung respektiert werden.
Das Gespräch führte Dominik Meier.