Schon bevor der Bundesrat am 13. März erlassen hatte, dass die Schulen geschlossen werden, haben die Lehrpersonen vermutet, dass sie sich bald auf eine neue Unterrichtsform einstellen müssen.
Ich hatte das Glück, dass ich meine Schüler noch am Freitagnachmittag gesehen habe, so konnte ich ihnen noch Material mit nach Hause geben.
Der junge Aargauer Realschullehrer Dave Schmid beschreibt die Situation: «Ich hatte das Glück, dass ich meine Schüler noch am Freitagnachmittag gesehen habe, so konnte ich ihnen noch Material mit nach Hause geben.» Er unterrichtet zwölf Schülerinnen und Schüler, die zwischen 13 und 15 Jahre alt sind und nächstes Jahr die obligatorische Schulzeit abschliessen.
Inzwischen haben die Schüler einzeln Unterrichtsmaterial in der Schule abgeholt und Schmid überprüft regelmässig, dass sie die Aufgaben lösen. Die Schüler können ihn immer telefonisch erreichen, falls sie Fragen haben. «Es ist sicher einfacher mit den Schülern zu arbeiten, wenn sie im Klassenzimmer sind. Für sie ist die Hemmschwelle niedriger, einfach die Hand aufzuhalten, wenn sie etwas nicht verstanden haben», meint der Lehrer.
Jetzt sind Lehrpersonen noch mehr gefordert
Für einige Schüler ist die Lehrperson die einzige Anlaufstelle im schulischen Lernprozess. Zuhause sind die Eltern entweder nicht mit der Sprache oder dem Schulsystem vertraut oder haben keine Kapazität, die Schüler neben der Arbeit zu unterstützen. Im Klassenzimmer können diese Unterschiede abgeschwächt werden.
Diese Unterschiede gibt es aber auch während des normalen Schulbetriebs, weiss der Erziehungswissenschaftler Urs Moser.
Denn gemäss Studien gibt es in der Schweiz einen starken Zusammenhang zwischen der Herkunft und dem Erfolg in der Schule. Im internationalen Vergleich sei die Schweiz hier ein Spitzenreiter.
Jetzt fällt das Klassenzimmer weg und die Schüler und Schülerinnen sind auf sich selbst gestellt. Der Wissenschaftler appelliert in dieser Situation an die Unterrichtenden: «Die Lehrpersonen haben es in der Hand. Der Distanzunterricht muss organisiert und die Kommunikation aufrechterhalten werden. Die Aufträge müssen sinnvoll sein und müssen auch von den Schülerinnen und Schülern als sinnvoll beurteilt werden, damit sie motiviert sind. Das ist eine spezielle Herausforderung.»
Nicht alle Schüler haben die gleichen Chancen
Doch die Gefahr, dass einige Schülerinnen und Schüler abgehängt werden, ist jetzt besonders gross. Das weiss auch die Generalsekretärin des Dachverbands der Lehrerinnen und Lehrer Schweiz, Franziska Peterhans. Heute sei es besonders schwierig, dass alle Schülerinnen und Schüler abgeholt werden.
Das ist eine ganz schwierige Situation.
Grosse Sorgen bereiten ihr im Speziellen Dave Schmids Schüler, die heute eine Schnupperlehre machen sollten, und die sich mit dem Zeugnis dieses Sommers bewerben müssen: «Das ist eine ganz schwierige Situation. Die sollten jetzt eigentlich schnuppern, sich um Lehrstellen bewerben und langsam eine Zusage bekommen. Und die können jetzt im Moment nicht viel machen. Für diese müssen wir uns nachher sehr engagieren, damit es für jeden Jugendlichen einer Abschlussklasse eine gute Anschlusslösung gibt.»