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Schulnoten im Aargau Das Kantonsparlament will wieder Prüfungsnoten ab der 3. Klasse

An den Aargauer Schulen soll es ab der 3. Klasse bei Prüfungen wieder Noten geben. Der Grosse Rat hat eine entsprechende Motion mit 71 zu 64 Stimmen überwiesen.

Es gibt gewisse Themen in der Politik, über die gefühlt besonders gerne gestritten wird. Parkplätze zum Beispiel, oder Tempo-30-Zonen. Auch wenn es um die Notenpflicht geht, sind leidenschaftliche Debatten vorprogrammiert.

Zeugnisnoten sind im Aargau schon Pflicht

Überspitzt formuliert: Für die politische Linke gehören Noten in der Volksschule jenseits des Zeugnisses auf den Index. Für Politiker rechts der Mitte sind sie ein ebenso elementarer Bestandteil des Schulalltags wie das Klingeln der Pausenglocken oder die Wandtafel; sie möchten die Schulleistungen am liebsten fortwährend benoten.

Session im Aargauer Grossrat
Legende: Im Aargauer Grossen Rat wurde über die Notwendigkeit von Prüfungsnoten diskutiert. SRF/Barbara Mathys

Über Noten debattierte am Dienstag der Aargauische Grosse Rat. Zur Info: Aktuell müssen alle Zeugnisse im Kanton Noten enthalten. Bei Prüfungen haben die Volksschulen zurzeit die Möglichkeit, auf Noten zu verzichten. Sie können andere Bewertungsmodelle wählen, wie zum Beispiel Smileys oder Hantelsymbole.

Bewertung eins Schultests mit Hantelsymbolen
Legende: Anstatt mit den Noten 3, 4, 5, oder 6 werden Prüfungen anderswo auch mit Symbolen bewertet. SRF/Ralph Heiniger

Für EDU-Grossrat Martin Bossert sind diese alternativen Bewertungsmodelle jedoch ein Graus. Sie seien weder transparent noch nachvollziehbar, schreibt er in einem Vorstoss.

Darum forderte er in einer Motion, dass Lehrerinnen und Lehrer der Volksschulen verpflichtet werden, ab der 3. Klasse auch zur Bewertung von Prüfungen Noten zu verwenden. Also nicht nur im Zeugnis. Unterstützt wurde Bosserts Anliegen von den Fraktionen der SVP und der FDP.

Ein Zeugnis
Legende: Aargauer Schulen müssen im Zeugnis Noten haben, das sagt die Promotionsverordnung. Keystone/Alessandro della Valle

Die Diskussion im Grossen Rat erfüllte die Erwartungen – und brachte kaum neue Erkenntnisse. «Ich will, dass wir eine Notenpflicht haben, ich verstehe das Problem nicht, dass Sie mit dieser Motion haben», sagte etwa Janine Glarner, FDP.

«Mal Smileys, mal Farben, mal Noten»

Motionär Martin Bossert erklärte: «Die Eltern und die Schüler verstehen nicht mehr, was gilt. Weil da mal Smileys kommen, da mal Noten und dort mal Farben.» Und: «Wo soll sich denn die Politik überhaupt einmischen, wenn nicht in der Schule?» Kurz zusammengefasst: Die Bürgerlichen wollten Prüfungsnoten.

Schulleiterin berichtet über Erfahrungen ohne Noten

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Portrait von Annette Rüetschi
Legende: Annette Rüetschi Schulleiterin Schule Rütihof, Baden AG zvg

Annette Rüetschi ist Schulleiterin der Schule Rütihof, Baden AG. Im Interview erklärt sie ihre Erfahrungen einer Schule ohne Prüfungsnoten.

SRF News: Annette Rüetschi, Ihre Schule hat sich vor zehn Jahren für ein Schulsystem ohne Prüfungsnoten entschieden. Wieso?

Annette Rüetschi: Wir haben festgestellt, dass wir die Kinder mit Noten sehr einseitig beurteilt haben. Uns ist es wichtig, dass wir die Kinder während des Schuljahres differenzierter beurteilen können.

Wie funktioniert das Schulsystem ohne Noten?

Der Unterricht muss so gestaltet sein, dass die Kinder die Ziele kennen und auch wirklich darauf hinarbeiten können. Wir formulieren immer zuerst ein Lernziel. Es gibt bei uns Prüfungen, doch die Kinder erhalten auch Rückmeldungen zu ihrer Arbeitstechnik oder ihren Sozialkompetenzen.

Wo sehen Sie Vorteile bei einem System ohne Prüfungsnoten?

Stellen Sie sich vor, Sie lernen Tennis spielen. Und Ihr Trainer gibt Ihnen eine 3-4. Damit könnten Sie wohl nicht so viel anfangen. Hingegen wenn der Trainer sagt, dass sich Ihre Rückhand stark verbessert hat, aber dass Sie noch sehr stark an Ihrem Aufschlag arbeiten müssen, dann hilft Ihnen das, besser Tennis zu spielen. Bei Kindern in der Schule ist es genau dasselbe. Mit differenzierten Rückmeldungen können wir die Lernmotivation viel besser aufrechterhalten als mit einer Note.

Das Gespräch führte Olivia Folly.

Genauso wenig überraschend waren die Voten auf der anderen Seite. Daniel Hölzle, Grüne, forderte, dass das bisherige Bewertungssystem beibehalten und weiterentwickelt wird. «Eine Überweisung der Motion wäre für die Schulentwicklung katastrophal.»

Für die Mitte trat Schulleiter Jürg Baur ans Rednerpult. Diese Motion verhindere eine förderungsorientierte Beurteilung. «Beurteilung hat mehrere Funktionen, Selektion ist nur eine davon.» Schulen wollen nicht die Noten generell abschaffen, sondern einfach einen förderlichen Weg bis zur Zeugnisnote finden, so Baur. Kurz zusammengefasst: Mitte-Links wollte keine Prüfungsnoten.

Ein Schülerin lernt am Pult im Klassenzimmer
Legende: Im Zeugnis braucht es zwingend Noten, bei Prüfungen hingegen nicht. Das war bisher die Praxis im Aargau. Keystone/Gaetan Bally

Am Schluss setzten sich im Aargauischen Grossen Rat die Bürgerlichen durch. Das kantonale Parlament hat die umstrittene Motion am Dienstagnachmittag mit 71 zu 64 Stimmen überwiesen. Das heisst: An den Aargauer Schulen wird es in Zukunft ab der 3. Klasse wieder Prüfungsnoten geben.

Aargauer Regierung wünschte sich Gesamtschau

Die Regierung hätte die Angelegenheit lieber erst einmal in einer Gesamtschau geprüft. Es sei anspruchsvoll, in der Debatte rund um Noten und Zeugnisse konsensfähige Lösungen zu finden, hatte der Regierungsrat im Vorfeld der Ratssitzung festgehalten.

Zielführende, konsistente Vorschläge liessen sich nur mit einer gesamthaften Betrachtung erarbeiten. Nun muss er dennoch direkt eine Vorlage mit Noten ab der 3. Klasse ausarbeiten.

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Regionaljournal Aargau Solothurn, 4.3.2025, 17:30 Uhr ; 

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