Viele ältere Leute leben in Alters- und Pflegeheimen. Es ist daher wenig überraschend, dass dort überproportional viele Menschen am Coronavirus sterben. Hat das Virus einmal den Weg in ein Heim gefunden, verbreitet es sich dort und es ist sehr schwierig, die Situation wieder unter Kontrolle zu bringen. Deshalb ist es angezeigt, dem Virus den Weg ins Heim möglichst zu verwehren. Doch das misslingt vielerorts. Man muss sich deshalb fragen: Reichen die Schutzkonzepte nicht aus?
Politik und Verband haben die Hausaufgaben im Sommer nicht gemacht.
Schuldzuweisungen bringen niemanden weiter
«Politik und Verband haben die Hausaufgaben im Sommer nicht gemacht», kritisiert Peter Burri Follath, Kommunikationsleiter von Pro Senectute Schweiz. Gemeint ist damit der Branchenverband Curaviva. Der Personalbestand sei schon in normalen Zeiten knapp. Die aktuelle Krise habe viele Alters- und Pflegeheime heillos überfordert.
Wer also trägt die Verantwortung an der Misere? Bund? Kantone? Heime? Diese Frage scheint nicht einfach zu beantworten. Einig sind sich der Schweizerische Seniorenrat, Pro Senectute sowie der Branchenverband Curaviva darin, dass der Föderalismus die Situation zusätzlich erschwert. Und einig ist man sich auch darin: Schuldzuweisungen helfen jetzt nicht. Massnahmen müssen her!
Massnahmen zur Verbesserung der Situation
Pro Senectute, der Schweizerische Seniorenrat und auch der Branchenverband sprechen sich im Grundsatz für drei Massnahmen aus:
- Impfen: Die Impfkampagne läuft. Hier brauche es keine Anpassungen, lediglich Tempo.
- Testen: Schnelltests sollen helfen, asymptomatische Coronafälle frühzeitig zu erkennen.
- Personal: Das Personal ist am Limit. Die Heime brauchen Unterstützung.
Grundsätzlich ist man sich einig, dass diese Massnahmen eine Verbesserung wären, im Vergleich zur Situation heute. Allerdings gehen die Forderungen teilweise noch weiter.
- Schnelltests: Der Seniorenrat fordert, dass nicht nur das Personal getestet wird, sondern auch die Besucher sowie Bewohnerinnen und Bewohner. Je mehr Coronafälle frühzeitig entdeckt werden, desto eher kann eine mögliche Ausbreitung verhindert werden. Die Schnelltests müssten zudem flächendeckend eingesetzt werden.
- Personal: Um breitflächig testen zu können, braucht es mehr Personal in den Heimen. Der Seniorenrat fordert, dass neben dem Zivilschutz auch das Militär aufgeboten wird, um die Heime zu unterstützen. Ein entsprechender Antrag wurde allerdings schon einmal im Parlament abgelehnt. Der Branchenverband Curaviva fordert ebenfalls mehr Personal. Dieses müsse aber unkompliziert verfügbar sein. Zusätzlichen bürokratischen Aufwand könne man in den Heimen nicht leisten. Seitens Pro Senectute wird die Forderung laut, dass man alles unternehmen müsse, um kein positiv getestetes Personal mehr einsetzen zu müssen.
Corona-Mutation bereitet Sorgen
Einig ist man sich in zwei Punkten:
- Das bestehende Personal macht einen hervorragenden Job und kann nicht noch mehr leisten.
- Eine Abschottung der Bewohnerinnen und Bewohner muss unbedingt verhindert werden.
Schnelle Massnahmen seien wichtig und richtig. «Aber», sagt Markus Leser von Curaviva: «Ob wir dann sagen können, wir haben es im Griff? Das ist eine Hoffnung.» Er habe das schon oft gesagt, und dann habe sich die Situation doch nicht verbessert. Eine Garantie gebe es nicht. Im Hinblick auf das noch ansteckendere, mutierte Virus sagt Leser denn auch: «Ja, das macht uns grosse Sorgen.»