Eine Unterkunft, drei Mahlzeiten pro Tag, die hygienische Grundversorgung und Bekleidung für die Flüchtlinge, das ist die Minimalleistung in der Betreuung. Schweizer Marktführer in diesem Geschäft ist die ORS Service AG. Das Privatunternehmen mit 65 Millionen Franken Jahresumsatz betreut die Asylsuchenden in sieben Bundeszentren.
Dazu kommen Unterkünfte für Kantone und Gemeinden. Insgesamt sind über 4500 Menschen bei ORS untergebracht. Das Geschäft floriert. ORS schreibt schwarze Zahlen und ist neuerdings auch in Österreich und Deutschland aktiv.
Flexibilität gefordert
Aufgrund der enormen Schwankungen in den Asylgesuchszahlen erwartet der Bund hohe Flexibilität von den externen Dienstleistern. Die Betreiber der Unterkünfte müssen rasch Personal auf- und wieder abbauen können.
«Zurzeit haben wir eine Phase, in der die Gesuche stark ansteigen», sagt ORS-Chef Stefan Moll-Thissen. Das sei etwa zur Zeit des Kosovo-Kriegs oder nach Ausbruch des Arabischen Frühlings ähnlich gewesen. Dazwischen habe es immer wieder Phasen mit einem starken Rückgang gegeben, «und auch auf die müssen wir reagieren».
Bei gleicher Qualität entscheidet der Preis
Rasch reagieren ist das eine. Die Flüchtlinge gut betreuen, ist das andere. Hier mache der Staat den Auftragnehmern klare Vorgaben, sagt Mediensprecher Martin Reichlin vom Bundesamt für Migration. Das Pflichtenheft ist dick: Die Unternehmen müssen eine umfassende Betreuung erbringen, Erfahrungen in diesem Bereich vorweisen, über eine Schulungs- und Karriereplanung für das eigene Personal verfügen und ein anerkanntes Qualitätssicherungssystem verwenden.
Doch wer den Zuschlag bekommt, darüber entscheidet letztlich der Preis. «Bei Angeboten von gleicher Qualität ist der Preis ausschlaggebend», sagt Reichlin. Um die Betreuungsaufträge von Bund, Kantonen und Gemeinden kämpfen auch andere. Neben ORS sind öffentlich-rechtliche Organisationen in diesem Markt aktiv.
Profit auf Kosten von Flüchtlingen und Betreuern?
Und es gibt Kleinanbieter wie Caritas, Heilsarmee und das Schweizerische Rote Kreuz. Sie sind nicht gewinnorientiert. Sie würden zusehend an den Rand gedrängt, kritisiert Beat Meiner von der Schweizerischen Flüchtlingshilfe. «Profitorientierte Firmen sind für die Behörden gefügigere Partner, als menschenrechtlich engagierte Nichtregierungsorganisationen.»
Der Spardruck im Asylwesen sei ein Problem, sagt Meiner. Dass sich nun auf Effizienz getrimmte Privatfirmen in der Betreuung breitmachen, findet er falsch: «Wenn ohnehin zu wenig Geld vorhanden ist, können Gewinne nur auf dem Buckel der Flüchtlinge und der Betreuer erzielt werden.»
Diese Kritik lässt ORS-Chef Moll-Thissen nicht gelten. «Das ist eine populistische Unterstellung.» Es sei an der Politik – nicht an den Unternehmen – vorzugeben, wie die Asylsuchenden in der Schweiz betreut werden sollen.